Vor „individualistischen Tendenzen“ im Pietismus warnt der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften), Pfarrer Christoph Morgner (Kassel). Inhaltspunkte sieht er in einer einseitigen Betonung persönlicher Frömmigkeit und einer Anpassung an gesellschaftliche Entwicklungen. Einige Gruppen überlegten, sich aus den Verbundsystemen ihrer Kirchen und Gemeindebünde zu verabschieden, um einen eigenständigen Weg zu gehen. Immer öfter laute das Motto „Paragraph eins: Jeder macht sein’s“, kritisierte Morgner… …bei einem Vereinsjubiläum am 8. November 2008. Er forderte eine „kopernikanische Wende“, die Einzelne und Gemeinschaften „aus der Ich-Fixierung löst und in die Gemeinschaft mit Gott und anderen Menschen hineinstellt“. Nur ein ausgewogenes Verhältnis von Persönlichkeitsentwicklung und gemeinschaftlichem Leben entspreche den Vorstellungen Gottes für ein gelingendes Leben.
Q‘: Inform.-dienst d. Ev. Allianz
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Verwandtes Thema (11/ 2008):
Für Reformation des Pietismus.
Eine Reformation des Pietismus fordert der Vorsitzende des Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes, Dietmar Kamlah (Stuttgart). Neben die traditionellen Aufgaben von Evangelisation und Gemeinschaftspflege müsse die Diakonie treten, sagte der Theologe bei der Hauptkonferenz am 1. November in Heilbronn. Zum Selbstverständnis vieler örtlicher Gemeinschaften, eine alternative Gemeinde innerhalb der Landeskirche zu sein, gehöre, auf soziale Herausforderungen zu reagieren. Laut Kamlah sollte jede Gemeinschaft „mindestens eine konkrete Not im gesellschaftlichen Umfeld, der sich bisher niemand angenommen hat, zu ihrer Sache machen“. Als Beispiele nannte er Armut, Einsamkeit, Pflegenotstand, seelische Verwahrlosung, zerfallende Familien und ethische Orientierungslosigkeit. Diakonisches Engagement erleichtere auch eine „angstfreie und fröhliche Verkündigung des Evangeliums“. Der 47-Jährige Kamlah ist seit April hauptamtlicher Vorsitzender des Verbandes, der etwa 210 örtlichen Gemeinschaften und rund 60 Jugendkreise umfasst. Zu der Konferenz kamen rund 1.200 Besucher.
Q: Inform.-dienst d. Ev. Allianz
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Verwandtes Thema (11/ 2008):
„Kultur der Gnade“ fördern.
Die Gemeinden der Pilgermission St. Chrischona sollten in ihren Reihen eine „Kultur der Gnade“ fördern. Dafür haben sich führende Repräsentanten des pietistischen Verbandes ausgesprochen. Anlass war eine Strategie- und Schulungskonferenz Anfang November, an der 250 Prediger aus vier Ländern in Bettingen bei Basel teilnahmen. Zu einer „Kultur der Gnade“ gehöre gegenseitige Annahme, Vergebungsbereitschaft, Vertrauen und Dankbarkeit, sagte der Direktor der schweizerischen Pilgermission, Markus Müller. Nach seinen Worten herrscht unter Christen weithin eine Leistungskultur: „Man muss etwas vorweisen, muss ethisch sauber sein, damit man ein taugliches Gemeindemitglied sein kann.“ Müller ermunterte die Teilnehmer, sich von Jesus Christus zu Menschen der Gnade machen zu lassen. Der Leiter der Chrischona-Gemeinden, René Winkler (Muttenz/Kanton Basel-Land) sagte: „Gnade will uns helfen, aus dem Joch frommer Leistung herauszukommen.“ Als ein Beispiel berichtete Winkler von der Erfahrung eines Predigers, der im Studium bei einer Ausarbeitung betrogen hatte. Der Student habe danach unter einem schlechten Gewissen gelitten und sei krank geworden. Dann sei er zum Schulleiter gegangen, der ihm vergeben habe. Entgegen der Erwartung sei der Student nicht der Schule verwiesen worden. „Dieses Erleben hat in ihm einen tiefen Eindruck von Gnade hinterlassen“, so Winkler.
Gefahren für Prediger.
Der Inspektor des Chrischona-Gemeinschaftswerks in Deutschland, Pfarrer Rainer Geiss (Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main), wies auf mögliche Gefährdungen im Leben eines Predigers hin, etwa Ehrgeiz, Minderwertigkeitsgefühle, Herrschsucht und Perfektionismus. Jesus Christus könne davon frei machen. Geiss empfahl Seelsorgern, selbst Seelsorge in Anspruch zu nehmen. Die Pilgermission St. Chrischona ist einer der größten pietistischen Verbände im deutschsprachigen Europa. Sie umfasst 184 Gemeinden in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und im südlichen Afrika. In ihnen versammeln sich rund 25.000 Mitglieder und regelmäßige Besucher.
Q: Inform.-dienst d. Ev. Allianz