Von Peter Hahne. – Sätze, die aufhorchen lassen: „Börsenspekulation gegen Arbeitsplätze ist ein Unrecht“ oder „Kapitalismus ohne Menschlichkeit hat keine Zukunft“. Diese steilen Thesen stammen von Marx – allerdings nicht vom alten Karl, der 1867 sein „Kapital“ veröffentlicht hat, sondern von Reinhard, dem aktuellen Erzbischof von München. In ihren Weihnachtspredigten haben alle führenden Bischöfe ganz schön zugelangt und unseren Managern mächtig die Leviten gelesen. Selten wurde die Marktwirtschaft so abgewatscht wie am Fest der Liebe…
…Was soll diese wohlfeile Schelte? Haben Pastoren es nötig, ins gleiche Horn wie die Politiker zu blasen und gegen Pleite-Manager populistisch zu polemisieren?
Sie haben nicht nur das Recht, sie haben sogar die Pflicht dazu, weil sie damit den Kern der Weihnachtsbotschaft treffen. Gier und Geiz-ist-geil gelten an der Krippe genauso wenig wie Kommerz, Konsum und Kapital. Weihnachten ist der Geburtstag dessen, der uns die Bergpredigt und das Gebot der Nächstenliebe hinterlassen hat. Aus dem „holden Knaben im lockigen Haar“ wurde der Mann, der die Händler aus dem Tempel vertrieb und Staatsbeamten wegen Korruption
die Rote Karte zeigte.
Gottes Bodenpersonal hätte das Weihnachtsevangelium gründlich missverstanden, hätten die Bischöfe, statt deutliche Worte zu finden, sich in „Seid-nett-zueinander“ Botschaften verloren. Wobei EKD-Chef Wolfgang Huber bei seiner Schelte für Deutsche-Bank-Chef Ackermann allerdings hätte wissen müssen, dass Jesus Christus gerade das Ende der alttestamentarischen Sündenbock-Theorie ist.
Wir alle haben mit dazu beigetragen, dass Geiz, Gier und Geld statt Glaube, Liebe und Hoffnung zur Religion wurden. Nicht jeder ist gleich Götzendiener, nur weil sein Hauptberuf das Geldgeschäft und nicht die Kirchenleitung ist.
Die drei Weisen, die Heiligen Drei Könige, brachten ihr Gold als Geschenk für das Kind an die Krippe. Damit bezeugten sie, was eben dieser Jesus Christus 30 Jahre später auf den Punkt brachte: „Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“ Diese Botschaft ist aktueller denn je, weil eine Gesellschaft herzlos wird, wenn sie das Kapital der Liebe verspielt.
Q: Bild am Sonntag v. 28.12.2008