(epd v. 07.01.2009) – Die Trauerfeier für den württembergischen Unternehmer Adolf Merckle, der sich am Montag das Leben genommen hat, findet am 12. Januar in der Stadtkirche Blaubeuren statt. Das teilte eine Sprecherin der Evangelischen Landeskirche in Württemberg am Mittwoch auf Anfrage mit. Die Feier hält der frühere Bischof der Landeskirche, Gerhard Maier, der mit der Familie befreundet ist. Der 74-jährige Merckle hatte sich am Montagabend vor einen Zug geworfen. Der Milliardär war durch Finanzspekulationen in Schwierigkeiten geraten, seine Unternehmensgruppe… …stand vor der Zerschlagung. «Die durch die Finanzkrise verursachte wirtschaftliche Notlage seiner Firmen und die damit verbundenen Unsicherheiten der letzten Wochen sowie die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, haben den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen, und er hat sein Leben beendet», teilte die Familie in einer Erklärung mit.
Mit Bestürzung reagierte der württembergische Bischof Frank Otfried July auf den Suizid. Er habe Merckle und seine Familie als Menschen kennen gelernt, die ihr Unternehmen auf christlicher Wertebasis führen, sagte July. Um so tragischer sei es, dass die Merckle-Gruppe in geschäftliche Abgründe geraten sei und der Firmenchef offenbar keinen Ausweg mehr aus dieser Situation gesehen habe.
Die protestantische Unternehmerfamilie Merckle ist stark kirchlich engagiert. So war es in der Vergangenheit Praxis, jedem Mitarbeiter zum Jahresbeginn das Losungsbuch der Herrnhuter Brüdergemeine mit einem Bibelwort für jeden Tag zu schenken. Merckles Ehefrau Ruth gehörte in den 90er Jahren dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland an.
V e r w a n d t e T h e m e n :
Das schwierige Verhältnis von Christen zum Freitod
(epd v. 7.1.2009) – Für den Unternehmer und Milliardär Adolf Merckle, der seinem Leben am Montag ein Ende gesetzt hat, wird es am kommenden Montag (12. Januar) in der Stadtkirche Blaubeuren eine Trauerfeier geben. Der frühere Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Gerhard Maier, hält die Ansprache. Dass es überhaupt eine kirchliche Feier für einen Menschen gibt, der sich das Leben genommen hat, ist geschichtlich betrachtet nicht selbstverständlich.
Unter dem Einfluss von Kirchenvater Augustinus (354-430) gilt der Freitod als Sünde, als eine Handlung, die Christen verwehrt ist. Das Gebot «Du sollst nicht töten» gelte auch im Blick auf die eigene Person, befand der Theologe. Da der Gründer der Kirche, Jesus Christus, leiden musste, dürften sich seine Nachfolger dem Leiden nicht entziehen, argumentierte Augustinus.
Diese Ansicht führte dazu, dass die Kirche Selbstmördern über Jahrhunderte ein kirchliches Begräbnis verwehrte. Selbst auf dem kirchlichen Friedhof war kein Platz für Selbstmörder, sie wurden in ungeweihter Erde verscharrt. «Eselsbegräbnis» nannte man diese Bestattungsform. Diese Bezeichnung wurzelt im Alten Testament, wo es beim Propheten Jeremias (Kapitel 22, Vers 19) heißt: «Er (der Verfluchte, Jojakim, König von Juda) soll wie ein Esel begraben werden, geschleift und hinausgeworfen vor die Tore Jerusalems.»
Die Protestanten übernahmen diese Praxis, die mancherorts bis ins 20. Jahrhundert hinein geübt wurde. Seither setzte sich in Theologie und Kirchen allerdings die Ansicht durch, dass die göttlichen Verheißungen stärker sind als das schuldhafte Verhalten von Menschen. Die christliche Ethik hält zwar bis heute die Selbsttötung nicht für eine christliche Handlung. Doch ist inzwischen die Überzeugung verbreitet, dass sich ein Christ dadurch nicht um sein Seelenheil bringt. Im Katechismus der katholischen Kirche wird der Selbstmord als «schwere Verfehlung gegen die rechte Eigenliebe» bewertet.
Immerhin gibt es auch prominente Christen, die eigenmächtig aus dem Leben geschieden sind. Der evangelische Liederdichter Jochen Klepper (1903-1942) etwa, Autor des Adventsliedes «Die Nacht ist vorgedrungen». Klepper war mit einer Jüdin verheiratet, der die Deportation durch die Nationalsozialisten drohte. Um diesem Schicksal zu entgehen, vergiftete sich das Ehepaar mit seiner Tochter mit Gas.
Insgesamt hat die Zahl der Selbsttötungen in Deutschland in den vergangenen Jahren ständig abgenommen. 2007 waren es 9.402 und damit nur halb so viele wie 1980. Andererseits starben 2007 mehr Menschen durch die eigene Hand als durch Verkehrsunfälle (4.949) und Tötungsdelikte (2.347) zusammen.