(epd v. 04.02.2009) – Der Vatikan hat am Mittwoch auf die Kontroverse um die Traditionalisten-Bischof Richard Williamson reagiert. Williamson wurde aufgefordert, seine Leugnung des Holocausts zurückzunehmen. Eine entsprechende «absolut unmissverständliche und öffentliche» Erklärung sei Voraussetzung für seine Zulassung zum Bischofsamt in der katholischen Kirche, betonte das vatikanische Staatssekretariat. Die Aufhebung der Exkommunikation der vier traditionalistischen Bischöfe bedeute nicht, dass die Pius-Bruderschaft und ihre Mitglieder vom Vatikan anerkannt würden. Papst Benedikt XVI. habe zum Zeitpunkt der Aufhebung der Exkommunikation keine Kenntnis von den Positionen des britischen Traditionalisten Williams gehabt.
Das Kirchenoberhaupt äußerte sich in der wöchentlichen Generalaudienz nicht zu der Kontroverse. Williamsons Äußerungen zur Ermordung der Juden seien «absolut inakzeptabel», erklärte das Staatssekretariat. Papst Benedikt XVI. habe bereits vor eine Woche seine «absolute Solidarität» mit den Juden bekundet und die Bedeutung der Erinnerung an den Holocaust unterstrichen.
Nur wenn die Pius-Bruderschaft die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils und die Autorität des Papstes anerkenne, werde sie von der katholischen Kirche anerkannt, heißt es in der Erklärung weiter. Bis dahin übten Priester und die vier Bischöfe der Traditionalisten keine Funktion und kein Amt in der katholischen Kirche aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhielt am Mittwoch für ihre offene Papst-Kritik weitgehend Zustimmung. Von mehreren katholischen Bischöfen kam indes Kritik an Merkels Forderung nach einer Klarstellung des Vatikans.
Merkel hatte am Dienstag vom Papst eine Klarstellung gefordert, dass es im Zusammenhang mit dem Holocaust «keine Leugnung geben kann». Ein Vatikansprecher wies die Forderung zurück: Das Kirchenoberhaupt habe mehrfach «mit großer Klarheit» den Holocaust verurteilt. In seiner Generalaudienz nahm Benedikt nicht zu der Kontroverse über die Aufhebung der Exkommunikation von vier Traditionalisten-Bischöfen Stellung. In seiner Bibelauslegung erinnerte er an das «Turmerlebnis» von Martin Luther (1483-1546). Dabei habe der Reformator ein neues Verständnis von Rechtfertigungdes Menschen «allein aus Glaube» formuliert.
Merkel kenne die persönliche Position des Papstes zum Holocaust, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Sie stehe außer Zweifel. Wilhelm betonte, dass sich die Kanzlerin nicht in innerkirchliche Angelegenheiten einmischen wolle, sondern zur politischen Dimension Stellung genommen habe. Dies sei vor dem Hintergrund der besonderen Verantwortung einer deutschen Regierung angesichts der deutschen Geschichte geschehen. Am Mittwochmorgen telefonierte Merkel mit dem Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in der Angelegenheit. Von einer Krise in den Beziehungen Deutschlands zum Vatikan könne keine Rede sein, sagte Wilhelm.
SPD-Chef Müntefering ging über Merkels Forderung noch hinaus und verlangte vom Vatikan, die am 24. Januar verkündete Rehabilitierung Williamsons rückgängig zu machen. «Ich halte die Rehabilitierung eines Bischofs, der den Holocaust leugnet, für inakzeptabel», sagte Müntefering der «Berliner Zeitung» (Donnerstagsausgabe) «Das ist ein schwerer, historischer Fehler.» Da helfe es auch nicht, die Dinge klarzustellen, zu erklären oder zu relativieren. Merkels Forderung erhielt Zustimmung von den Kirchenbeauftragten der Bundestagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei.
Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, sagte, notwendig sei eine klare Trennung von einer antisemitisch geprägten Gruppierung. «Der Papst hat bislang nicht deutlich gemacht, was ihm wichtiger ist, ein Dialog mit dem Judentum oder eine Annäherung an die Piusbruderschaft, die die Aussöhnung mit dem Judentum und den Dialog mit anderen Religionen ablehnt», sagte sie.
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke bezeichnete die Papst-Kritik der Kanzlerin als «unbegreiflich und empörend». Er sei bestürzt über die Art und Weise, wie derzeit sogar von offizieller staatlicher und politischer Seite die Integrität von Benedikt XVI. infrage gestellt werde, sagte Hanke am Mittwoch in Eichstätt. Der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, Alois Glück, kritisierte ebenfalls den Umgang Merkels mit dem Papst. »Ich halte die Äußerungen der Kanzlerin für unglücklich und unangemessen«, sagte er der »Financial Times Deutschland« (Donnerstagsausgabe). Es bestehe »kein Anlass, die Haltung des Papstes mit einem Zweifel zu versehen«. Es sei nicht die Aufgabe politischer Mandatsträger, sich zum Papst zu äußern. Glück ist Mitglied des Zentralkomitees der deutsche Katholiken.
Die Pius-Bruderschaft sei weder reaktionär noch fundamentalistisch und schon gar nicht antisemitisch, sondern römisch-katholisch, sagte der Leiter des deutschen Distrikts, Pater Franz Schmidberger, der Wochenzeitung »Junge Freiheit«. Sie stehe für eine Erneuerung der Kirche, für eine Neuevangelisierung und für die Liebe zur Familie und zum Vaterland. »Und darauf sind wir in der Tat stolz!«, sagte er.