Seit dem ersten Samstag im Mai ist Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) neue Präses der EKD-Synode. Gegenüber dem Magazin „Brigitte“ sprach die Protestantin über ihren Glauben. Zum Glauben kam Katrin Göring-Eckardt bereits zu DDR-Zeiten. In der kirchlichen Jugendorganisation „Junge Gemeinde“ sammelte sie erste Erfahrungen im Glauben. „Hier konnte ich frei denken, konnte sagen, was ich will, ohne dass mir etwas passierte oder dass meine Eltern einbestellt wurden. Diese Freiheit war für mich als Jugendliche ganz großartig – und sie war an das Christentum gekoppelt“… , sagt die Grünen-Politikerin.
Dabei räumt sie zugleich mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf: Anders als in den Medien häufig behauptet, sei ihr Vater kein Pfarrer gewesen, sondern Tanzlehrer. „Meine Familie war nicht sehr religiös.“ Göring-Eckardt studierte Theologie und engagierte sich in der kirchlichen Friedensbewegung. Über ihren Glauben sagt sie: „Bei allem, was mich gerade umtreibt, beschäftigt, mich wahnsinnig macht oder freut, gibt es immer etwas, was davon unabhängig und höher ist. Das ist ein beruhigendes Gefühl.“ Gerade bei ihrer Arbeit als Politikerin sei es ihr wichtig, von einem „Netz“ zu wissen, das sie in schwierigen Zeiten auffange. „Manche Freunde sagen, ich hätte auch im größten Stress eine unglaubliche Gelassenheit. Das hat mit dem Glauben zu tun.“
„Glaube stärkt langfristig“
Gerade in Zeiten der globalen Finanzkrise könne der Glaube stärken. Wenn auch nicht unmittelbar, so doch „langfristig“. „Auf uns kommen Zeiten zu, in denen wir weniger von vielem haben werden: Weniger Rohstoffe, weniger Geld, wahrscheinlich weniger bezahlte Arbeit. Dazu werden wir die Auswirkungen der Klimakrise spüren. Wir werden auf manches verzichten müssen – und sollten uns auf Werte verständigen, die ein Leben mit weniger nicht als Verlust empfinden lassen. Dabei können natürlich christliche Werte hilfreich sein.“
Auf die Frage der „Brigitte“-Redakteurin, warum es einen Gott geben sollte, antwortet die neue Synoden-Vorsitzende: „Ich finde es im Gegenteil völlig logisch, dass da noch was sein muss: Es gibt Dinge, die wir nicht sehen, Zusammenhänge, die wir nicht begreifen, und doch sind sie da. Und es gibt Wunder. Damit meine ich jetzt gar nicht weinende Madonnen oder Wunderheilungen. Ich meine diese besonderen Momente, in denen etwas Unerwartetes geschieht, etwas, das keiner Logik folgt.“
Dabei gehöre der Zweifel zum Glauben dazu. „Ich bin ja Protestantin, das heißt, es gibt keinen Papst, der sagt, wo es lang geht. Darüber bin ich gerade als Frau sehr froh. Was mich bisweilen zweifeln lässt, ist die Frage: Wie ist die Verbindung zwischen Mensch und Gott? Ist sie so eng, dass wir wirklich wissen was wir tun? Wenn ich zweifle, frage ich nicht: Wie konnte Gott das oder jenes zulassen? Mich treibt in kritischen Situationen die Frage nach dem Warum.“
Lernen wie in einem Unterricht könne man den Glauben jedoch nicht, so Göring-Eckardt. „Glauben lässt sich nicht intellektuell erfassen, das sagt ja das Wort schon. Ich denke, es finden nicht nur Menschen zum Glauben, sondern der Glaube sucht sich auch Menschen. Man muss nur offen dafür sein.“
Das vollständige Interview im Original bei www.brigitte.de >>