Missiologe: Gemeinde lebt nicht vom Wort allein

Christliche Gemeinden wachsen nicht dadurch, dass ihre Mitglieder evangelistisch predigen. Vielmehr überzeugen sie ihre Umgebung, wenn sie zum Wohl der Gesellschaft beitragen. Diese Ansicht vertrat der Missionswissenschaftler Prof. Johannes Reimer (Bergneustadt bei Köln) am 29. Januar beim Willow-Creek-Leitungskongress in Karlsruhe…

Jesus Christus habe seine Nachfolger beauftragt, Verantwortung für die Nöte ihres Volkes zu übernehmen. Heute gehöre dazu, die Situation im Umfeld der Gemeinde zu analysieren und zur Lösung gesellschaftlicher Problemen beitragen. „Wir brauchen eine neue Bewegung der Hingabe an unsere Dörfer und Städte“, sagte Reimer vor mehr als 7.800 Führungskräften von landes- und freikirchlichen Gemeinden. Den Vorwurf, er werbe für ein soziales Evangelium und vernachlässige die geistliche Not der Menschen, wies der Dozent am Theologischen Seminar des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (Dietzhölztal-Ewersbach/Mittelhessen) zurück. Das Wahrnehmen sozialer Verantwortung sei eine Voraussetzung dafür, dass sich Menschen dem Evangelium öffneten. Wo Christen Verhältnisse änderten, fragten Menschen nach ihren Beweggründen. Das bewirke Gemeindewachstum.

„Intelligentes Christsein“ verbindet Predigt und Soziales

Die seit 35 Jahren bestehende Willow-Creek-Gemeinde in South Barrington bei Chicago (US-Bundesstaat Illinois), die als „Kirche für Kirchenferne“ international bekannt geworden ist, habe vor einiger Zeit umgedacht, berichtete der Gründer und Leiter, Pastor Bill Hybels. Zu ihren Gottesdiensten kommen pro Woche durchschnittlich 22.000 Besucher. Anfänglich habe man die Hauptaufgabe in der Verkündigung gesehen, so Hybels. Predigten über menschliche Probleme, etwa Erziehungs- und Ehefragen, erschienen als Verrat an der christlichen Botschaft. Seit etwa sieben Jahren bemühe sich Willow Creek um ein „intelligentes Christsein“, das nicht zwischen Predigt und sozialem Engagent trenne, so Hybels. Das Evangelium könne nicht angemessen verkündigt werden, wenn man die Nöte der Welt übersehe. Umgekehrt lasse sich die Welt nicht ohne die Kraft Christi verändern. Nach Angaben der Leiterin der sozialen Dienste von Willow Creek, Nancy Beach, bietet die Gemeinde Hilfen für Arme, Obdachlose, Alkoholabhängige und psychisch Kranke. Außerdem engagiere sie sich mit Ernährungs- und Wasseraufbereitungsprogrammen im südafrikanischen Simbabwe.

Q.: Inf.-dienst d. Ev. All.