Mit ihrem Beruf sind die evangelischen Pastorinnen und Pastoren im hohen Norden Deutschlands größtenteils zufrieden. Gleichzeitig klagen jedoch viele über die gestiegene Arbeitsbelastung…
Vor allem die Leitungstätigkeiten in der Gemeinde ließen zu wenig Zeit für Kernaufgaben wie Verkündigung und Seelsorge. Das geht aus einer Umfrage in der nordelbischen, mecklenburgischen und pommerschen Pfarrerschaft hervor, deren Ergebnisse am 19. Januar in Lübeck der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. An der Studie beteiligten sich im Frühjahr 2010 mehr als 65 Prozent der rund 1.900 Seelsorger, die in den drei Kirchen tätig sind. Diese wollen sich im kommenden Jahr zur „Nordkirche“ zusammenschließen. Sie hätte nach heutigem Stand knapp 2,3 Millionen Mitglieder; davon entfallen gut zwei Millionen auf Nordelbien, 196.000 auf Mecklenburg und 96.000 auf Pommern.
Gemeinden und Ehrenamt stärken
Wie der Bischofsbevollmächtigte im nordelbischen Sprengel Schleswig und Holstein, Gothart Magaard (Kiel), vor Journalisten sagte, sind etwa drei Viertel der befragten Geistlichen mit ihrem Beruf zufrieden oder sehr zufrieden. Zwei Drittel klagten aber über die gestiegene Arbeitsbelastung. Etwa die Hälfte finde, dass die Leitungstätigkeit viel Zeit verlange. Sie würden dies gerne zugunsten der Kerntätigkeiten des Pfarrberufs vermindern. Als vordringliches Anliegen im Blick auf die Zukunft bezeichnen bis zu 90 Prozent die Verständigung über kirchliche Aufgaben, eine theologische Prioritätensetzung und die Stärkung der Gemeinden sowie des Ehrenamts. Besonders kritische Faktoren sind für bis zu 75 Prozent der Befragten der fehlende Theologennachwuchs und der Mitgliederschwund.
Was gegen Ausbrennen hilft
Konzipiert hat die Befragung das Institut für Wirtschafts- und Sozialethik (IWS) in Marburg. Erkennbar sei eine große Spannung zwischen einer hohen Zufriedenheit aufgrund der hohen Selbständigkeit und einer Unzufriedenheit mit der allgemeinen Arbeitssituation, sagte der IWS-Direktor, der Sozialethiker Prof. Wolfgang Nethöfel. So seien die Pastoren eher zufrieden mit dem unmittelbaren Vorgesetzten (57 Prozent), aber eher unzufrieden mit der Leitung überhaupt (44 Prozent). Eine vertiefte Auswertung der Umfrage biete die Möglichkeit, Hemmnisse und Stressfaktoren zu identifizieren und auf eine Verbesserung hinzuwirken. Erfolgreiche Arbeit sei gerade für sehr selbständig, oft aber auch einsam arbeitende Profis wie Pastoren ein wirksames Gegenmittel gegen das Ausbrennen.
Kommunikatoren, Kirchenrepräsentanten und Hirten
Erstaunt ist Matthias de Boor (Schwerin), Theologischer Referent der mecklenburgischen Kirche, wie groß die Unterschiede beim Berufsbild in den einzelnen Landeskirchen sind: „Seelsorge und Verkündigung steht für alle an erster Stelle, aber in Mecklenburg verstehen sich Pastorinnen oder Pastoren zum Beispiel eher als Kommunikatoren, in Nordelbien als kirchliche Repräsentanten und in Pommern als Hirten.“ Veröffentlicht werden die Umfrageergebnisse im Arbeitsbuch „Pastor/in im Norden. Antworten – Fragen – Perspektiven“, das jedem Seelsorger und den Synodalen der drei Kirchen zugeht.
Q: Inf.-dienst d. Ev. All.