Die Bibel steht im Zentrum des kirchlichen und christlichen Lebens. Aber wie ist sie auszulegen? Darüber haben Theologen zu allen Zeiten unterschiedliche Ansichten vertreten. Im Rahmen eines Streitgespräches mit Michael Kotsch (Lemgo), Vorsitzender des Bibelbundes, erklärte Andreas Malessa (Hochdorf bei Stuttgart), evangelisch-freikirchlicher Pastor und Publizist, der Begriff „unfehlbar“ sei im Hinblick auf die Bibel für ungeeignet. Sie sei kein „papierner Papst“… als ein in sich schlüssiges Gesetzbuch, sondern bestehe aus 66 Büchern und Briefen aus etwa 1.200 Jahren und sei von Autoren unterschiedlichster Kulturen geschrieben. „Gott ist unfehlbar – die Menschen, denen er sein Wort anvertraut hat, müssen es nicht sein“, so Malessa. Im Umgang mit der Bibel müsse man einen Weg zwischen Beliebigkeit und Prinzipienreiterei finden. Ziel der biblischen Botschaft sei es, Menschen zum Glauben einzuladen. Auch die Bezeichnung „bibeltreu“ für Menschen, die die Heilige Schrift besonders ernst nehmen, lehnt der Rundfunkjournalist ab, weil es den Glauben anderer Christen benote. Bei jährlich etwa 100 Veranstaltungen begegneten ihm einerseits immer wieder „einzelne äußerst Bibelkundige“, die genau wüssten, „wann der Herr wiederkommt“. Andererseits stelle er fest, dass die Bibelkenntnis dramatisch abgenommen habe, auch unter „Evangelikalen“. Bibelkenntnis bestehe „oft nur aus einer fröhlichen Mischung von Psalmtexten, Kalendersprüchen und Liedversfetzen“. So wie man die Bibel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts „vor ihren eiskalten Verächtern“ in Schutz nehmen musste, müsse man sie heute „manchmal vor ihren glühenden Verehrern schützen“. Es gelte, den Menschen Freude am Bibellesen zu machen.
kairospress (var.)