„Kirche darf sich nicht zu gefällig verkaufen“

Die neue Präses der westfälischen Landeskirche, Annette Kurschus, hält nichts davon, wenn sich die Kirche bei den Menschen anbiedert. »Wir haben lange Zeit versucht, um für die Menschen attraktiv zu sein, uns leicht und gefällig zu verkaufen. Das war ein Holzweg«, sagte die Theologin dem in Bielefeld erscheinenden »Westfalen-Blatt«. Kirche müsse »klar sagen, wer wir sind und was unsere Kirche im Kern ausmacht«… Sie verteidigte das kirchliche Arbeitsrecht, bei dem Bezahlung und Arbeitsbedingungen über den sogenannten Dritten Weg ausgehandelt werden.

»Wir sind davon durchdrungen, dass durch Gespräche in paritätisch besetzten Gremien eine Einigung erzielt werden kann, nicht im Konflikt«, sagte sie.

Zugleich unterstrich die 48-jährige Superintendentin des Kirchenkreises Siegen, die ab März als erste Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen stehen wird , dass Ungerechtigkeit und Missstände ausgeschlossen werden müssen.

Es gebe Einzelfälle, bei denen dieses System unterlaufen werde, und Löhne gezahlt würden, die nicht angemessen seien. »Das müssen wir abstellen«, sagte die Theologin.

Besorgt äußerte sich Kurschus über die Ökumene, plädierte aber zugleich für eine Fortsetzung des Dialogs.

»Wir waren insgesamt schon mal weiter«, erklärte sie. Durch den jetzigen Papst und seine konservative Strenge habe sich manches zurückbewegt. Der Dialog mit den katholischen Christen müsse jedoch fortgesetzt werden.

Dabei sollten strittige Themen klar benannt werden: »Wir haben ja sogar noch Mühe, von den katholischen Geschwistern als Kirche anerkannt zu werden.«

Als eine zentrale Aufgabe der Kirche sieht die Theologin die Verkündigung.

»Wir haben einen Sendungsauftrag, die Botschaft Jesu zu verkünden und Menschen dafür zu interessieren«, erklärte sie. Eine kleiner werdende Kirche müsse dabei stärker auf das Ehrenamt setzen.

»Wir müssen auch wieder dazu kommen, dass die Pfarrer das machen können, weshalb sie zur Kirche gekommen sind«, unterstrich Kurschus. Das gelte auch für alle anderen Mitarbeiter, vom Kirchenmusiker bis zur Diakonie.

Dass künftig eine Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen steht, ist für Kurschus »zumindest eine Signalwirkung«.

»Ich merke, dass die Freude darüber groß ist – auch bei den Männern«, sagte die Theologin, die am 16. November 2011 von der Landessynode in Bielefeld mit großer Mehrheit zur Nachfolgerin von Alfred Buß (64) gewählt wurde.

Skeptisch bewertete sie mit Blick auf das künftige Amt Rollenklischees.

Genauso wenig wie es »den Mann« gebe, gebe es »die Frau«. Jeder habe seinen eigenen Stil. »Ich hoffe, dass ich wahrgenommen werde als ein Mensch, der Zuversicht ausstrahlt, der Freude hat, in und an der Kirche zu arbeiten«.

(epd v. 26.11.2011)