Weihnachten im Pressespiegel

Eine Jungfrau wird schwanger? Gott kommt als Baby zur Welt? Und was hat Weihnachten mit einer neuen Erde zu tun? Wie die Medien das Weihnachtsgeschehen deuten… – eine Presseschau von Karsten Huhn. Auch die Kommentare in den Sonntagszeitungen und Wochenmagazinen befassen sich mit der Bedeutung von Jesu Geburt für den Einzelnen und die Gesellschaft.

Die Zeit (Hamburg)

„Wenn wir das Wünschen und Wundern verlernt hätten, wäre es wohl aus mit uns. Es gibt Geheimnisse, die wir nicht erklären können. Ohne sie wäre unser Leben erbärmlich. Deshalb müssen wir davon erzählen. Auch die Weihnachtsgeschichte erzählt von einem Geheimnis, von einer Wahrheit. In ihrer Mitte steht die Freude über die Geburt. Jede Geburt, ungeachtet der damit verbundenen Schmerzen zeugt von der Verheißung, dass etwas Neues beginne, und sei es bloß ein neuer kleiner Mensch… Die Geburt Jesu aber bezeugt weit mehr, und das singen die Engel: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden!“ Wer daran glaubt, gewinnt Zuversicht. Und wer nicht daran glaubt, wird zugeben: Es ist eine der besten Geschichten der Weltliteratur. Deshalb ist sie seit zweitausend Jahren so erfolgreich..“

tageszeitung (Berlin)

„Alle Jahre wieder sagen und sehen wir, wie es nicht sein soll: Wie schnell, unpersönlich, materialistisch, egoistisch, werbeüberlastet doch diese Weihnachtszeit geworden ist. Aber diese Klage macht das Spiel ja mit. Warum ist das so? Warum lassen wir den Kommerz entscheiden, wer wir sein und was wir fühlen sollen? … Von seinem Ursprung her sagt uns das Fest, dass wir alle gleich sind. Und wenn der Mensch werdende Gott jemanden bevorzugt, dann die, die nichts haben. Souverän haben wir daraus die Schlacht des Materialismus werden lassen. Dieser Tag teilt uns in Vielhaber und Wenighaber wie kein anderer im Jahr.“

http://www.taz.de/Kommentar-Materialismus/!84328/

Süddeutsche Zeitung (München)

„Die Weihnachtsgeschichte beginnt nicht weihnachtlich, sondern staatlich. Sie beginnt mit der Geschichte von der Erfassung des Lebens, sie beginnt mit der Unterwerfung des Lebens unter die Zahl: Alle aufschreiben, alle erfassen, alles aufzeichnen… Kein Mensch würde von der Zählung des Augustus wissen, wenn mit ihr nicht die Weihnachtsgeschichte beginnen würde – die als Beginn einer Befreiungsgeschichte gedeutet wird. Sie stellt nicht weniger als einen neuen Himmel und eine neue Erde in Aussicht. Sie hat eine klare Botschaft: Höchstes Wesen ist nicht ein Kaiser, sondern ein Mensch, der ohne Obdach zur Welt kommt. Sie ist die Geschichte von der großen Umkehrung. Im Himmel und auf Erden zählt letztlich nur eine Währung. Die heißt nicht Sesterz, Euro oder Dollar, sondern – Entschuldigung – Liebe. Wer das nicht kapiert, ist ein Schaf, auch wenn er Nobelpreisträger wäre.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zeichnet ein düsteres Bild zur Lage der katholischen Kirche: „Für die Christen ist Weihnachten, das Fest der Geburt Jesu, das Ursignal für Aufbruch. Im kommenden Jahr sollen die Katholiken in Deutschland „einen neuen Aufbruch wagen“ – und sei es in Gestalt eines üblichen Katholikentags. Doch nicht nur Skeptiker sind der angestrengten und anstrengenden Jetzt-geht’s-los-Rhetorik überdrüssig, die das Zentralkomitee der deutschen Katholiken im Verein mit dem Freiburger Erzbischof Zollitsch, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, verbreitet. Spötter belieben zu bemerken, es sei höchste Zeit, erst einmal irgendwo anzukommen, ehe wieder ein Aufbruch verkündet wird. Doch wo?“

Die Welt (Berlin)

In der „Welt“ deutet Paul Badde das Christentum als „Religion des Lichts“: „Johannes, der bis zum Tod Marias bei der Mutter Jesu wohnte, fängt sein Evangelium nicht mit der Geburt Christi, sondern als neuen Schöpfungsbericht an: ‚Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott.’ Das Wort war Fleisch geworden, und in ihm ‚war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.’ Die Evangelien sind voll von diesem Leuchten. ‚Ihr seid das Licht der Welt!’, sagt Jesus denen, die ihm folgen. ‚Gott von Gott, Licht vom Licht’, heißt es im ersten gemeinsamen Glaubensbekenntnis der Christen im Jahr 325 über den ‚Sohn Gottes’, die ‚Sonne der Gerechtigkeit’. Die Kunst hat es später in zahllosen Krippendarstellungen festgehalten: mit dem Neugeborenen als wahrer Lichtquelle in der Nacht – bis zu Grünewalds Darstellung der Auferstehung als Explosion des Lichts. Doch was soll das heißen, dass ‚das Leben das Licht der Menschen’ ist? Weder die Nacht noch der Kosmos sind Feinde des Lebens. Das ist nur der Tod, als letzter Gegensatz zum Licht. Deshalb ist die Geburt Christi bedeutsamer für die Geschichte der Menschen als die Geburt jeder Super-Nova. Weihnachten wäre bedeutungslos, hätte Maria in dieser Nacht nicht den geboren, der 33 Jahre später das Dunkel des Todes für immer überwunden hat. In ihm hat das Licht seinen göttlichen Ursprung offenbart.“

http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article13781664/Jenseits-der-Finsternis.html

Sächsische Zeitung (Dresden)

Auch die Sächsische Zeitung verbindet mit Weihnachten das „Licht der Erkenntnis“: „Im Alltag spricht man gern davon, ‚etwas ans Licht zu holen’ oder ‚Licht in die Sache zu bringen’, wenn wir uns wünschen, dass Klartext gesprochen wird. In der biblischen Weihnachtsgeschichte spielt dieses Licht eine besondere Rolle. Die Hirten auf dem Feld werden vom Engelslicht überrascht, das von der Geburt Christi kündet. „Die Klarheit des Herrn leuchtete um sie“, steht in der Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums. Es ist ein sprichwörtliches Licht der Erkenntnis: Die Inkarnation Gottes bringt in der Gestalt eines lebendigen Kindes Licht ins Dunkel. Es ist ein Licht, das die Wahrheit zeigt. In dem man klar und deutlich sehen kann. Das Weihnachtsfest zu begehen, bedeutet also auch, den Weg der Erkenntnis zu feiern. Und noch mehr: Im Johannesevangelium steht an einer Stelle „Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen“. Das Licht Gottes hilft auch dabei, sich selbst zu erkennen, zu sich zu stehen und das nach außen zu vertreten. Mit sich im Reinen zu sein.“

Berliner Zeitung

„Weihnachten wird gefeiert, weil am 25. Dezember Jesus Christus geboren sein soll, der verheißene Messias, der Retter der Menschheit. Ohne ihn wäre sie verdammt. Er opferte sich – Opfer muss sein –, damit der sündigen Menschheit – so sie denn an ihn glaubt und von ihm für erlösungsfähig angesehen wird – die Qualen der Hölle erspart bleiben. So oder so ähnlich – es variiert sehr je nach konfessioneller Nuance – wird uns der christliche Glaube gelehrt.“

Hamburger Abendblatt

Im Hamburger Abendblatt schreibt der Kieler Philosophie-Professor Ralf Konersmann warum sich „auch Nicht-Christen vom Weihnachtsfest angesprochen fühlen dürfen“: „Die Verweltlichung, die das Weihnachtsfest längst im Griff hat, droht in Verdummung umzuschlagen, wenn niemand mehr weiß, was da abgelehnt wird und worum es einmal ging. Es wäre vermessen, den Sinn des Weihnachtsfestes im Powerpoint-Stil abhandeln zu wollen. Gleichwohl ist es sicher nicht falsch, neben der Erinnerung an die Geburt Jesu den Trost zu nennen, den diese Urszene des Christentums den Menschen in Aussicht stellt. ‚Sie fürchteten sich sehr’, heißt es im Lukas-Evangelium, ‚der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkündige euch eine große Freude, die dem ganzen Volk widerfahren soll.“ Die zentrale, weit über die Dogmatik des Christentums hinausreichende Botschaft des Weihnachtsfestes ist in diesem Aufruf zusammengefasst, der zugleich ein Versprechen ist: ‚Fürchtet euch nicht!’“

Bild am Sonntag (Berlin)

In der Bild am Sonntag schreibt ZDF-Moderator Peter Hahne: „Wer ein Kind zur Welt bringt, hat diese Welt noch nicht aufgegeben. Weihnachten heißt: Gott hat uns Menschen nicht abgeschrieben. ‚Fürchtet euch nicht! Freude allem Volk!’ – das sind keine leeren Worte, sie haben mit Jesus Hand und Fuß bekommen. Diese Kraft stärkt und tröstet seit Jahrhunderten. Millionen Menschen bewegt das kleine Kind mit seiner großen Botschaft. Aus dem holden Knaben in der Krippe wurde der geschundene Mann am Kreuz. Seine Botschaft stört die Mächtigen, doch die Schwachen stärkt sie – bis heute.“

stern (Hamburg)

Die Illustrierte „stern“ zitiert in ihrer Titelgeschichte „Vom Glück, nach Hause zu kommen. Warum wir das Fest der Stille brauchen wie schon lange nicht mehr“ den Sylter Pfarrer Traugott Giesen: „Die Geschichte von Christi Geburt gehört zu dem Urwissen, das unseren Lebensmut speist. Je einsamer und verletzter wir uns in diesen Tagen fühlen, umso inniger hoffen wir, dass uns ein Licht aufgehe. So ist Weihnachten keine Erfindung von feiersüchtigen Menschen, sondern eher sind wir Erfindungen von Weihnachten. Unser Menschenbild ist geprägt von diesem Jesus. Darum hält das Fest der Feste manch überflüssige Dekoration aus.“ Und: „In der Bilderwelt unserer Seele geht uns ein Stern auf. Der führt uns an die Krippe des Christus. Mit diesem Christus verflochten wirst Du heil werden. Du findest Dich mit neuen Kräften. Du bist nicht mehr Rest. Du wirst neu geboren.“ Der „stern“ kommentiert dazu: „Womöglich liegt genau da und jenseits aller liturgischen Pflichtübungen der Schlüssel zur Faszination: Wenn wir selbst schon nicht neugeboren sind, so fühlen wir uns  vielleicht ein wenig in den Stand der Unschuld (zurück-)versetzt in diesen Tagen.“

Neue Zürcher Zeitung

„Die Geburt des Gottessohns, die die Christenheit alljährlich feiert, ist der – wenn auch für viele nurmehr sehr mittelbare – Anlass, um Geschenke zu machen. Und doch geht es, wenn eine laientheologische Mutmassung erlaubt ist, für Christenmenschen beim Weihnachtsfest im Grunde nicht so sehr um das selige Geben als vielmehr um das selige Nehmen, um das Annehmen eines Geschenkes, das ihnen Gott mit der Menschwerdung gemacht hat: das Geschenk des – erneuerten – Lebens. Nehmen sie es an – richtiger: geht ihnen auf, dass sie es angenommen haben –, dann machen sie damit dem, der es gegeben hat, ihrerseits ein Geschenk, das des Dankes und des Glaubens.“ (Karsten Huhn | 24.12.2011)