Gegen eine Abwertung des Pastorenberufs in der evangelischen Kirche wendet sich der Hannoversche Pfarrverein. Ihm gehören rund 1.600 der mehr als 1.800 Pastorinnen und Pastoren der hannoverschen und der schaumburg-lippischen Landeskirchen an. Im Pfarrvereinsblatt kritisiert die Interessenvertretung unter anderem, dass viele Gemeinden zusammengelegt und die kirchlichen Gelder auf die Kirchenkreise umverteilt… worden seien. Die Kirchenleitungen hätten dies zum einen mit einer vorhergesagten Halbierung der Kircheneinnahmen bis 2030 begründet; tatsächlich seien die Kirchensteuereinnahmen aber im letzten Jahrzehnt um fast 30 Prozent gestiegen. Zum anderen habe man die Schlüsselrolle der Geistlichen im Gemeindedienst abgewertet: Die Warnung vor einer angeblich antiquierten „Pastorenkirche“ sei „angesagter Ton“ gewesen. Man habe den Pastoren als einziger kirchlicher Dienstgruppe die Gehälter erheblich gekürzt. Ferner erhöhe sich durch die Gemeindefusionen die durchschnittliche Zahl von zu betreuenden Kirchenmitgliedern von 1.800 auf bis zu 3.500 oder in Einzelfällen auf 4.500. Gleichzeitig habe man „erstaunlich viel Geld für aufwendige Prestigeprojekte, kostspielige Diakonie-Insolvenzen und eine immer größer werdende Schar von Mitarbeitern“ aufgewendet. Die Entwertung der Pfarrarbeit habe den Aufbau des „Phantoms“ einer „Kirchenkreis-Kirche“ begründen sollen.
Kontakt zu Pastoren verhindert Austritte
Ein derartiges Vorgehen stehe im Widerspruch zu den Ergebnissen der EKD-Mitgliedschaftsuntersuchungen. Die jüngste Studie mit Erhebungen aus dem Jahr 2012 zeige etwa, dass der Kontakt von Kirchenmitgliedern zu den Gemeindegeistlichen fast ein „Garantieschein“ für den Verbleib in der Kirche sei. So komme für 77 Prozent aller Mitglieder, die ihren Pastor oder ihre Pastorin kennen, ein Austritt nicht in Frage. Doch die Kirchenreformer versuchten, die Ergebnisse der Untersuchung umzudeuten und die Schlüsselrolle der Pastoren zu relativieren, so der Pfarrverein. Die „Gemeinde-Enteignung“ werde als „gottgewollte Weisung“ verschleiert. Dabei hätten besonders fusionsfreudige Kirchenkreise besonders viele Kirchenmitglieder durch „selbstverschuldete Austritte“ verloren.
Auf den Verkündigungsauftrag besinnen
Stattdessen gelte es, das Vertrauen in die Gemeinde wieder als große Chance für den Verkündigungs- und Seelsorge-Auftrag der Kirche zu begreifen – „und nicht als lästigen Mühlstein an ihrem Hals“. Sie müsse sich wieder intensiv und vorrangig um das kümmern, was ihr 93 Prozent der Mitglieder immer noch zuschrieben und was ihrem biblischen Auftrag entspreche – „das Evangelium zur Zeit oder Unzeit einfallsreich und liebevoll an Menschen als ihre Rettung zu verkündigen“. Wie der Vorsitzende des Pfarrvereins, Pastor Andreas Dreyer (Landesbergen bei Nienburg), mitteilt, will sich der Verband auf dem Pfarrvereinstag am 16. März 2015 eingehend mit der Mitgliederuntersuchung befassen.