Vom 30. April bis 3. Mai 2015 findet die Synode der EKD in Würzburg statt. In seinem Kommentar äußert der zweifach promovierte Theologe und Afrikanist Roland Werner (Mitautor des Jugendkatechismus Yoube) drei Wünsche an die Volkskirche…
„Wachsen gegen den Trend …“, so formulierte das Grundsatzpapier der EKD – „Kirche der Freiheit“ – im Jahr 2006 ein wichtiges Ziel. Der „Trend“ ist die Überalterung und der damit verbundene Rückgang der deutschen Bevölkerung. Dazu ein nicht versiegender Strom von Austritten aus den Kirchen. Und seit einiger Zeit wieder deutlicher wahrgenommen: ein drohender Pfarrermangel. All diese für uns als Kirche negativen Entwicklungen werden sich sprunghaft vervielfältigen. Das legt die neueste Mitgliederstudie der EKD nahe, die aufzeigt, dass auch die Bindung der jungen Generation an die Kirche immer schwächer wird.
Einfach weitermachen wie bisher geht nicht
Was ist also angesagt, um vielleicht doch ein „Wachsen gegen den Trend“ zu ermöglichen? Was braucht die Kirche, um die Zukunft zu gewinnen? Einfach alles weitermachen wie gewohnt ist sicher nicht die beste Strategie. Jedoch: In einer Krise liegt auch eine Chance – zum Neudenken, zum Umdenken. Biblisch heißt das metanoia: Bekehrung. Ich erkenne drei wesentliche Umkehrpunkte:
1. Wieder eindeutige biblische Inhalte vertreten
Hin zu biblischer Eindeutigkeit! Die Konzentration auf das, was für evangelische Kirche wirklich wesentlich ist, ist das Gebot der Stunde. Die „Kirche des Wortes“ muss das Evangelium von Jesus Christus neu auf den Leuchter stellen. Als Autorität und Maßstab für Glauben und Leben und als zentralen Inhalt der Verkündigung: „Wir verkündigen nicht uns selbst, sondern Jesus, dass er der Herr ist …“ (2. Korinther 4,5). Das heißt evangelisch sein: das Evangelium von Jesus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, ins Zentrum zu stellen.
2. Auf die Kernaufgaben konzentrieren
Hin zu den Kernaufgaben! Sie sind im Neuen Testament klar vorgegeben: die Weitergabe des Glaubens, also Evangelisation und Katechese, der selbstlose Dienst am Nächsten, also Diakonie, und der Aufbau von Gemeinschaft. Zu diesen zentralen Wesensäußerungen gehört noch die leitourgia, der Gottesdienst des Lebens.
3. Neue Formen von Gemeinde fördern
Hin zu struktureller Freiheit! Das Zeitalter der Parochie (abgegrenzte Pfarrbezirke: also da, wo ich wohne, gehöre ich auch zur Kirchengemeinde) neigt sich seinem Ende zu. Gleichzeitig entstehen neue Formen von Gemeinschaft und Gemeinde. Sie sollten nicht nur geduldet, sondern aktiv gefördert und integriert werden. Nach der grundlegenden lutherischen Bekenntnisschrift (der Confessio Augustana, Artikel 7) ist es „genug zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirche, dass da einträchtig nach reinem Verstand das Evangelium gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht nötig zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirche, dass allenthalben gleichförmige Zeremonien, von den Menschen eingesetzt, gehalten werden.“ Das eröffnet Freiheit für viele und vieles, auch für die Migrantengemeinden, deren geistliche Frischzellenkur wir gut gebrauchen können.
Eindeutigkeit in den biblischen Inhalten, Konzentration auf die Kernaufgaben und strukturelle Freiheit – dies sind Minimalvoraussetzungen für die Zukunft der Kirche.
Quelle: Ev. Nachrichtenagentur idea. – Der Autor, Roland Werner (Marburg), ist Vorsitzender der Initiative ProChrist. Bis Ende März war der Afrikanist, Theologe und Bibelübersetzer auch Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes.