19. Mai 2021

Luthers Morgensegen: Das Gebet für den Beginn des Tages

Des Morgens, wenn du aufstehst,
kannst du dich segnen mit dem Zeichen
des heiligen Kreuzes und sagen:

Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist! Amen

Darauf kniend oder stehend das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser.
Willst du, so kannst du dies Gebet dazu sprechen:

Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, dass dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Als dann mit Freuden an dein Werk gegangen
und etwa ein Lied gesungen
oder was dir deine Andacht eingibt.

 

Gedanken zu Apg. 16,6-15 (in Auswahl)

von Pfr. Carsten Heß

(Der Ruf nach Mazedonien)
(
9) Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: Ein Mann aus Mazedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! (10
) Als er aber die Erscheinung gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Mazedonien zu reisen, gewiss, dass uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen.

 

Auf den ersten Blick möchte ich folgende Überschrift dafür finden:

Die sonnenklare Wegweisung… – aber ist sie tatsächlich so klar?

Lange Zeit hat mich dieser Bibeltext (ob seiner vermeintlichen Einfachheit) sehr fasziniert:

Der Paulus weiß nicht weiter. Dann hat er einen Traum – und im Handumdrehen ist das Problem gelöst. Ich dachte früher tatsächlich, das wäre wirklich manchmal so einfach: Ganz plötzlich kommt da eine Wegweisung nachts im Traum – und auf einmal weiß der Paulus, welcher Weg der Richtige ist – nämlich der nach Mazedonien.

Aber stimmt das auch beim genaueren Betrachten so? Sind die Fingerzeige von Gott wirklich immer so glasklar und eindeutig?

Einer meiner theologischen Lehrer in Wuppertal (Klaus Haacker, NT) hat uns damals auf eine Feinheit aufmerksam gemacht. Martin Luther übersetzt: „Wir waren gewiss, dass uns Gott nach Mazedonien berufen hatte.“ – Aber im griechischen Urtext steht da eben nicht das Wörtchen „gewiss“, sondern es steht da ein Wort, das dem Sinn nach folgendes bedeutet: „Nach gemeinsamer Beratung oder Folgerung wurden wir uns einig, dass uns Gott nach Mazedonien berufen hatte.“

Also: Der Traum gab Anlass zur Beratung!

Und deshalb überschreibe ich die Gedanken heute Morgen mit dem Titel:

Die beratungsbedürftige Wegweisung.

Der präzise Fachmann und Kenner des Alten Testamentes, Paulus von Tarsus, hat einen Traum. Dabei musste er doch unweigerlich an das denken, was er gelernt hat.  Nämlich dass da zum Beispiel im Buch des Propheten Jeremia steht: Jeremia sagt: „Ich höre es wohl, was die Propheten (also die Berufskollegen) reden, die Lüge weissagen im Namen Gottes und sagen: Ich habe geträumt! Ich habe geträumt. (…) Mein Volk vergisst den Namen Gottes über ihren Träumen, die einer dem andern erzählt. (…)

Natürlich hat ein geschulter Theologe wie der Paulus solches Hintergrundwissen natürlich im Kopf. Und damit weiß er, dass nicht jeder x-beliebige Traum gleichzusetzen ist mit einem Fingerzeig von Gott!

Was tut er?

Der Paulus berät sich mit seinen Geschwistern im Glauben. Und ihre Gedanken messen sie an dem, was Gott ihnen denn schon alles in seinem nachlesbaren Wort mitteilen ließ.

Damals wie heute heißt das:

Geistliche Entscheidungen über den Weg der Gemeinde reifen weder im blinden Aktionismus, noch durch eine bloße Trendforschung, sondern im geistlichen Gespräch von Glaubensgeschwistern. In einem Team. In einem Kirchenvorstand (und oft auch im Dialog mit überregionalen Teams auf gleicher Augenhöhe) –  welcher sich hoffentlich nicht entmutigen lässt vom Corona-Gemotze und einem dauernden höher-schneller-weiter-Druck. – Und dabei hören wir nicht selten die Forderungen nach einer Kirche, in der der „Kunde endlich König“ ist. – Und wenn der Pfarrer/die Pfarrerin etwas denkt, was mir nicht passt, dann schwärze ich ihn oder sie eben irgendwie an – oder am besten gleich das ganze Presbyterium oder so ähnlich…

Die digitalen Pfarrer/innen-Gruppen sind voll von solchen Unzufriedenheits-Berichten – und das ist leider manchmal nicht zum Lachen – so wie jede Form der Erpressung nicht zum Lachen ist. Denn bei unseren Überlegungen geht es ja nicht um die Frage, wann in der Kirche nun „endlich der Kunde König“ ist (oder noch schlimmer: die Pfarrpersonen endlich „Könige“ sind).

Königlich an der Kirche ist nur ihre Botschaft und der Herr, von dem die Kirche erzählt: Jesus Christus ist der Gegenwärtige/ der Präsente / der Mitgehende – und als solcher möchte er ernst genommen und bezeugt werden –  nicht als kuschelig „weich gespülter“ Wellness-Willi, sondern als der auferstandene Christus, der für uns gestorben ist und auferweckt wurde, damit die Welt mit Gott versöhnt wird. Dieses Evangelium möchte uns ja dabei helfen, als Menschen unterwegs zu sein, die mit Gott, mit uns und mit anderen so versöhnt wie möglich leben.

„Wie viel wir vom Evangelium wissen“ (wörtlich zitiert sei hier ein anerkannter Krankenhausseelsorger aus der Bayerischen Landeskirche), „das kann an dem Grad bemessen werden, in welchem Menschen in unseren Gemeinden Lebens- und Glaubenshilfe finden und geben können. Und wie wenig wir davon wissen, das können wir an dem Grad bemessen, in welchem Menschen aus unseren Gemeinden einander das Leben schwer machen und zerstören – vom bösen Gerede bis hin zur kalten Umbarmherzigkeit.“

Das alles positiv gemeindebauend bzw. gemeindeleitend umzusetzen, das ist – wie wir alle wissen – gar nicht so einfach. Deshalb wird zugehört und gefragt, kalkuliert und beraten. Immer wieder. Aber mit einem Ziel: Dass unsere Herzen in der Kirche des Jesus Christus ein möglichst ansteckend gesundes zu Hause finden.

Für den Paulus und sein Team bringt diese Vorgehensweise die klare Sicht nach vorn.

Sie kommen gemeinsam zur Gewissheit: Wir verstehen diesen völlig rational erklärbaren Traum als einen Fingerzeig von Gott her!  /  Wir verstehen diese und jene „Vision Kirche 2025“ als einen Ansporn, dem großen Ziel immer näher zu kommen. Kirche zu erleben und möglichst machtfrei zu gestalten – und damit ein Stück Himmel auf Erden.

Da werden Menschen empfänglich für die vielen kunterbunten Möglichkeiten Gottes, mit denen er uns begegnet. Und damit wird der beratungsbedürftige Fingerzeig zur guten Gewissheit.

Herzliche Einladung, auf Gottes Fingerzeige in unserem Gemeinde-Alltag zu achten… – Wir dürfen sicher sein: Es gibt sie auch heute noch!

Carsten Heß, Pfr.

www.vitamin-c-online.com

 

Gebet:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Lied:

„Verleih uns Frieden gnädiglich…“