Mit meinen Schülerinnen und Schülern an einem Gymnasium in der Nähe von Köln war in Reli mal das Thema „Zivilcourage“ dran. Beim Brainstorming erzählte eine Schülerin, ihr Bruder hätte vor Jahren gute Zivilcourage gezeigt: Als sie ein kleines Mädchen war und freche Jungs ihre schönen Sandburgen zerstörten, da hätte ihr Bruder den Jungs „anständig was auf die Zwölf verpasst“.
Mahatma Gandhi, Rosa Parks, Martin Luther King, Nelson Mandela und viele andere haben natürlich weniger ans „auf die Zwölf Kloppen“ gedacht, sondern mehr an gewaltlosen Widerstand gegen Unrecht.
Mich faszinieren vor allem die weniger prominenten Heldinnen und Helden des Alltags. Vor kurzem erzählte die Sendung „Aktenzeichen XY“ von einem Fahrgast, der bei einer Schlägerei erfolgreich dazwischen ging.
Der Tübinger Politikwissenschaftler Gerd Meyer unterscheidet drei Arten des Handelns mit Zivilcourage:
1.) Eingreifen zugunsten anderer, meist in unvorhergesehenen Situationen.
2.) Einsatz für allgemeine Werte und für das Recht anderer.
3.) Sich-Wehren gegen körperliche Angriffe, Mobbing, Ungerechtigkeit und so weiter.
Meine Schülerinnen und Schüler damals wollten nach dem Theorie-Block einen praktischen Teil folgen lassen: Mit Genehmigung der Schulleitung hatte ein Expertenteam einen Vormittag lang gewaltfreie Handlungsvorschlage zur Deeskalation von Zank und Gewalt angeboten. Zusammenfassung der Schülerinnen und Schüler: „Nur Feiglinge greifen zu Gewalt, Rufmord und Mobbing. Zivilcourage dagegen erfordert Mut, den wir dringend brauchen“ – so motiviert uns sinngemäß übrigens auch Jesus, wenn er zum Beispiel vom barmherzigen Samariter erzählt (Lukas 10):
Als ein Verletzter am Wegesrand lag, gingen ein paar „wichtig“ anmutende Menschen einfach vorbei. Erst ein Fremder, ein Samariter, hatte Erbarmen. Er versorgte die Wunden des Verletzten, „hob ihn auf sein Tier, brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn“. Als er weiterziehen musste, zahlte er dem Herbergswirt auch noch Geld für die weitere Pflege.
Ein eindrucksvolles Beispiel für Zivilcourage – nicht nur im Reli-Unterricht.
Pfarrer Carsten Heß