„Protestanten gehen Pfarrer aus“ – so titelt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 3. März auf Seite 1. Die evangelische Kirche gelte im Vergleich zur katholischen zwar als liberaler, offener und damit attraktiver, trotzdem könne auch sie nicht mehr alle offenen Stellen besetzen… Noch seien viele Pfarrerinnen und Pfarrer aus den geburtenstarken Babyboomer-Jahrgängen im Dienst. Ein großer Teil von ihnen gehe aber bis 2030 in den Ruhestand. Als Beispiel nennt die Zeitung die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg. Dort gebe es zwar noch keine unbesetzte Stelle, aber bis 2030 würden 160 von 260 Pfarrern in den Ruhestand treten. Dem stünden nur fünf neue Vikare im Jahr gegenüber. Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau rechne mit Personalknappheit in den 2020er Jahren: „90 Pensionierungen stehen nur 45 interessierte Neueinsteiger gegenüber.“ In der Lippischen Landeskirche kämen auf 59 Pensionierungen 14 Pfarramtsanwärter. Diese Entwicklung ziehe sich bundesweit durch fast alle Landeskirchen. Auch ein Blick in die Studentenzahlen verdeutliche die personelle Not der evangelischen Kirche. Zwar gebe es insgesamt immer mehr Studenten; seit 1998 habe sich die Zahl der Studienanfänger in Deutschland fast verdoppelt, aber im Fach evangelische Theologie sei sie in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen: „Und selbst wer Theologie studiert, wird nicht automatisch am Ende auch Pfarrer. Viele nehmen noch ein zweites Fach hinzu und werden Lehrer.“
Dekan: Für viele Junge stimmt Verhältnis von Verdienst und Zeitaufwand im Pfarrberuf nicht
Gegenüber der Zeitung begründet Dekan Martin Fedler-Raupp (Kronberg bei Frankfurt am Main) das Desinteresse der Jugend am Pfarramt unter anderem so: „Wenn ein Pfarrer auf die Straße geht, ist er sofort für alle erreichbar. Das ist eben kein Nine-to-Five-Job, sondern ein Rund-um- die-Uhr-Beruf.“ Die Jugend stehe diesem Modell skeptisch gegenüber. Die sogenannte Generation Y – also junge Menschen, die von den frühen 1980er bis in die späten 1990er Jahre geboren wurden – überlege heute sehr genau, „wie viel Geld sie für einen Job bekommt und wie viel Zeitaufwand mit diesem verbunden ist“. Viele kämen zu dem Schluss, dass im Pfarramt die Rechnung am Ende nicht stimme. Dekan Fedler-Raupp hält den Pfarrberuf dennoch für einen „fantastischen Beruf“: „Er ermöglicht es, die Menschen von der Wiege bis zur Bahre zu begleiten – über alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten hinweg.“ Laut Sonntagszeitung rechnen alle Landeskirchen damit, dass sie bis 2030 deutlich weniger Pfarrstellen besetzen müssen als heute, „weil es dann weniger Gläubige geben wird“. Ein evangelischer Pfarrer sei in Deutschland im Durchschnitt für rund 1.700 Gemeindemitglieder zuständig. Daran, so die Hoffnung der EKD, werde sich auch in Zukunft nicht viel ändern. „Nur dass sich dann eben viel mehr Dorf- und Stadtteilgemeinden einen Pfarrer oder eine Pfarrerin teilen werden müssen als heute“, heißt es in dem Beitrag abschließend.
Q: Informationsdienst d. Ev. All. – 04.03.2019