„Ihr habt noch Hoffnung“ – Was vom Weltjugendtag bleibt. Von Nathanael Liminski.

Rund 400.000 Besucher kamen zum Weltjugendtag nach Sydney. Die Veranstalter des katholischen Weltjugendtags, der am 20. Juli in Sydney (Australien) zu Ende ging, haben geklotzt, nicht gekleckert. 150 Millionen australische Dollar (92 Millionen Euro) ließen sie sich die Ausrichtung der größten Jugendveranstaltung des Jahres der Welt kosten – mit rund 400.000 Besuchern des Schlussgottesdienstes. Der geistliche Chefkoordinator, Weihbischof Anthony Fisher, wird daher auf die Frage eines südkoreanischen Journalisten gewartet haben: „Sie haben viele Millionen Dollar ausgegeben – wie viele junge Menschen sind in diesen Tagen in die Kirche eingetreten?“Fishers Antwort: „Individuelle Glaubenserfahrungen lassen sich nicht statistisch erfassen. Eines aber ist nach dem Weltjugendtag klar: Australien ist kein areligiöses Land, eine neue Generation von jungen Menschen hat durch den Papst ein Lebensprogramm aufgezeigt bekommen, und die australische Öffentlichkeit hat ein neues Bild von Papst, Kirche, Glauben und der Jugend gewonnen.“

Dank an andere Kirchen
Der 48 Jahre alte Bischof richtete seinen Dank vor allem an die Vertreter der anderen Religionen sowie vor allem der „anderen Kirchen“. Alle Glaubensgemeinschaften hätten einander beigestanden. Wie dieser Beistand aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus der geistlichen Gemeinschaft Emmanuel: Da man für einen eigenen Abschlussgottesdienst am Montag nach dem Weltjugendtag keine freie oder ausreichend gastfreundliche katholische Kirche fand, wich man in Räume der Anglikaner aus – in Zeiten der vor allem in Australien zunehmenden Spaltung ein Beispiel praktischer Ökumene im Alltag.
Im Gastgeberland wird der Weltjugendtag seine Früchte zeitigen: Nach Angaben des Bischofs kehrten inzwischen 120.000 australische Katholiken in ihre Pfarreien zurück; sie werden ihre Erfahrungen mit den Zuhausegebliebenen teilen. Außerdem werde es eine zentrale Konferenz aller mit Jugendarbeit und Jugendpastoral befassten Mitarbeiter und Geistlichen geben. Dort soll erörtert werden, wie man die Erlebnisse einer Woche der Superlative in der Seelsorge sozusagen „eingemeinden“ kann. Eine solch groß angelegte Konferenz gab es nach dem Kölner Weltjugendtag von 2005 nicht.

Deutsche Katholiken bei australischen Protestanten
Fisher hob auch hervor, dass 70.000 internationale Gäste im Vorfeld des Weltjugendtags an den Tagen der Begegnung in den Diözesen Australiens teilgenommen hätten. In Gemeinden und Familien konnten die Jugendlichen erleben und diskutieren, auf welche unterschiedliche Art und Weise die Christen in Australien und Deutschland ihrem Glauben Gestalt verleihen. Dabei wurden auch die Konfessionsgrenzen überschritten. Pilger aus dem Rheinland etwa wurden auch von nicht-katholischen Gastfamilien aufgenommen. Die Jugendlichen waren von der Offenheit und Herzlichkeit derart beeindruckt, dass manche den Abschiedsschmerz stärker empfanden als die Vorfreude auf den Weltjugendtag. Wenn die australischen Austauschpartner schon bald, spätestens im Vorfeld des Weltjugendtags in Madrid 2011 Deutschland besuchen, kann man sagen: Aus Begegnung ist Beziehung geworden.

Protestant: Auf den Glauben kommt es an
Doch die Frage bleibt: Was nehmen die 110.000 internationalen Gäste mit nach Hause? Lars, zum Beispiel, kommt aus Köln, ist evangelisch und nahm trotzdem teil am katholischen Weltjugendtag – von besonders unwissenden Journalisten auch schon einmal „katholischer Weltkirchentag“ genannt. Seine Motivation sieht er darin, an die „tollen Erfahrungen“ als Gastgeber und Helfer während des Kölner Weltjugendtags in Sydney anzuknüpfen. Angesichts der Fixierung der Medien vor allem auf den Papst stellt sich die Frage, ob er das als Protestant nicht befremdlich finde. Seine Antwort formuliert der 23-Jährige so: „Mich beeindruckt die Gemeinschaft aus dem Glauben, die Weltoffenheit und Bodenständigkeit der Leute hier. Darauf kommt es an.“

Kritisch und hoffungsvoll
Was macht den Weltjugendtag also zu mehr als einem Popfestival mit Papst? Ein Australier bringt es während einer der langen Bahnfahrten vor einer Gruppe Pilger aus Österreich auf den Punkt: „Ich bin Protestant, und daher geht es mir eigentlich nicht um den Papst. Aber ihr habt die Stadt verändert. Ihr bringt Freude und Zuversicht in eine bessere Zukunft. Das ist der Unterschied: Ihr habt noch Hoffnung.“ Auf den Vorwurf, es handele sich bei den Hoffenden um hoffnungslos unkritische Jugendliche, entgegnete der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner vor deutschen Journalisten: „Ich habe nirgends kritischere junge Menschen erlebt als auf den Weltjugendtagen. Diese Jugendlichen sind kritisch – vor allem sich selbst, nicht nur Anderen gegenüber.“ Mit solchen Menschen kann man die Welt verändern.

Der Autor, Nathanael Liminski (22), nahm als ein Sprecher der Gruppe „Generation Benedikt“ am Weltjugendtag in Australien teil.