Kardinal-Klarsicht: Lehmann will Entschuldigung des Vatikans

lehmann_kardIm Streit um die Wiederaufnahme des britischen Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson durch Papst Benedikt XVI. fordert der Mainzer Kardinal Karl Lehmann eine klare Entschuldigung „von hoher Stelle“. Die Entscheidung des Papstes, Williamson zu rehabilitieren, sei eine Katastrophe für alle Holocaust-Überlebende. Auch müsse der Papst klarstellen, dass die Leugnung des Holocaust kein beliebiges Kavaliersdelikt sei. Weiter kritisierte Lehmann die päpstliche Kommission, die für die Wiedereingliederung der Pius-Bruderschaft zuständig war. Ob aus Unwissenheit oder Fahrlässigkeit, „es müssen auch Konsequenzen… …her für diejenigen, die dafür verantwortlich sind“, sagte Lehmann gegenüber dem SWR.

Auch Kritik an den Medien geübt

Zuvor hatte Lehmann auch an der „Entstellung“ der Ereignisse in den Medien Kritik geübt. In der Öffentlichkeit sei der falsche Eindruck entstanden, Benedikt XVI. habe die Exkommunikation von Bischof Williamson und drei weiteren Oberhirten aufgehoben, obwohl er das Leugnen des Holocaust vonseiten des gebürtigen Briten in einem Interview gekannt habe. In Wirklichkeit habe Williamson aber erst nach seiner Rehabilitierung die Ermordung von Millionen Juden in Gaskammern öffentlich bestritten, sagte der Mainzer Bischof am Sonntag.

Dennoch könne es nicht angehen, dass der Präsident der eigentlich zuständigen Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“, Kardinal Darío Castrillón Hoyos, nun gesagt habe: ‚Wir haben den nicht gekannt‘, kritisierte Lehmann. Immerhin habe Williamson vorher schon zu anderen Themen in problematischer Weise Stellung bezogen. Lehmann warnte davor, zwei Dinge miteinander zu vermischen: das Verhältnis der Kirche zu der „Splittergruppe“ der Traditionalisten um die vier rehabilitierten erzkonservativen Bischöfe und die „völlig unmöglichen Äußerungen eines Einzelnen“, nämlich Williamsons. Für Benedikt XVI. sei diese Vermischung in der öffentlichen Wahrnehmung ein Unglück. Viele seien nun sehr enttäuscht vom Papst.

Lehmann plädierte für eine konsequente Fortsetzung des jahrzehntelang betriebenen Dialogs zwischen der katholischen Kirche und den Juden. Auf beiden Seiten komme es auch mal zu Pannen und Fehlentscheidungen. Lehmann bat die jüdische Gemeinde, nicht die falschen Schlüsse zu ziehen und den Dialog aufzukündigen. Der Papst habe nicht nur Williamsons Äußerungen zurückgewiesen, sondern sich schon früher in eindeutiger Weise zum Verhältnis zwischen Kirche und Juden geäußert. Seine Worte etwa im NS-Vernichtungslager Auschwitz zum Holocaust seien sehr eindrucksvoll gewesen. Israels Drohung, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen, halte er „für maßlos übertrieben“, so Lehmann.

Q: swr (02.02.2009)