Nach jahrelangem Tauziehen haben sich Politiker aus CDU/CSU, SPD und FDP auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf beim Thema Spätabtreibung geeinigt. Das teilten die Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese (SPD), Johannes Singhammer (CSU) und Ina Lenke (FDP) mit. Ursprünglich wollten sie getrennt über ihre Entwürfe abstimmen lassen. Eine weitere Abgeordnetengruppe um die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christel Humme und Irmingard Schewe-Gerigk (Bündnis 90/Die Grünen) will nun ebenfalls – entgegen ursprünglichen Planungen – einen Gesetzentwurf… … in den Bundestag einbringen, kündigte Humme am 21. April 2009 an. Der Kompromiss zwischen Griese, Singhammer und Lenke sieht vor, dass Frauen, die kurz vor der Geburt ihres Kindes von einer möglichen Behinderung erfahren, eine qualifizierte Beratung vermittelt bekommen. Die Frau kann dieses Angebot allerdings auch ablehnen. Zwischen der Diagnose und der eventuellen Abtreibung muss eine Bedenkzeit von drei Tagen liegen. Verstößt ein Arzt gegen das Gesetz, drohen Bußgelder von bis zu 5.000 Euro. Im Gegensatz zu dem vorherigen Entwurf der Gruppe um Singhammer sieht der Vorschlag allerdings keine Dokumentationspflicht der Beratung vor. Zudem soll im Bundestag separat über eine bessere statistische Erfassung von Spätabtreibungen abgestimmt werden, da in diesem Punkt keine Einigung erzielt werden konnte.
Griese: Rechte werden nicht eingeschränkt
Nach Ansicht von Griese schlägt der Kompromiss „zwischen den verschiedenen Positionen eine Brücke“. Es gehe nicht um die Alternative Frauenrechte oder Lebensschutz. „Es ist möglich, beides zu vereinbaren“, so die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag. „Der neue Entwurf setzt eindeutig und ausschließlich auf Unterstützung und Hilfe für Frauen. An keiner Stelle werden die Rechte einer Schwangeren eingeschränkt.“ Die FDP-Politikerin Ina Lenke hofft, dass der Kompromiss nun noch vor der Bundestagswahl zur Abstimmung kommt. Dafür wolle sie sich einsetzen. Zudem wies sie den Vorwurf der Beratungsorganisation „Pro Familia“ zurück, der Entwurf schreibe eine Zwangsberatung vor. „Es ist ein Angebot, keine Pflichtberatung“, so Lenke. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Singhammer wertete die Einigung als Erfolg. Man gehe davon aus, dass „fast alle Eltern“ das Beratungsangebot annehmen werden.
Beratung gesetzlich festschreiben
Die Gruppe um die Abgeordnete Humme will gesetzlich festlegen, dass es vor jeder vorgeburtlichen Untersuchung ein Beratungsangebot geben muss. Ärzte sollen Frauen über Chancen und Risiken aufklären und auf die Möglichkeit einer psychosozialen Beratung hinweisen. Der Humme-Entwurf enthält keine 3-Tages-Frist, sondern schlage eine „ausreichende Bedenkzeit“ zwischen der Diagnose und der möglichen Abtreibung vor. „Mit unseren Vorschlägen stärken wir die Information und Beratung der Schwangeren, ohne sie staatlich zu bevormunden“, so Humme. Deshalb sei der Entwurf die „bessere Beratungsgrundlage“. Ursprünglich hatte die SPD-Politikerin eine gesetzliche Änderung abgelehnt und lediglich Änderungen in den Mutterschaftsrichtlinien der Krankenkassen vorgeschlagen. Da dieser Vorschlag einigen nicht weit genug gegangen sei, habe man sich nun auf einen Gesetzentwurf geeinigt.
CDL kritisiert Kompromiss
Die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Mechthild Löhr (Glashütten/Taunus), kritisierte die Entwürfe. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Kompromisse zu Lasten des Lebens gingen. Sie befürchtet, dass eine psychosoziale Beratung – zumal es sich nur um ein freiwilliges Angebot handele – wenig geeignet sei, ungeborene Menschen zu retten. „Warum soll eine Beratung einem möglicherweise behinderten Menschen das Leben retten, wenn eine Beratung selbst bei einem gesunden Kind – wie sie vor der 12. Schwangerschaftswoche vor einer Abtreibung vorgeschrieben ist – mehr als 114.000 Kindern nachweislich nicht das Leben gerettet hat?“ So viele Schwangerschaftsabbrüche wurden dem Statistischen Bundesamt 2008 gemeldet. Löhr zufolge hat sich die Beratungsregelung bei der Reform des Paragraphen 218 StGB, der die Bedingungen für eine straffreie Abtreibung regelt, als Scheinlösung herausgestellt. Dies zeigten die nach wie vor hohen Abtreibungszahlen. „Wenn nun im geplanten Kompromiss wieder ausschließlich auf ein Beratungsangebot gesetzt wird, droht auch die neue Lösung bei der Spätabtreibung nur ein politisches ,Feigenblatt’ ohne Wirkung zu werden.“ Zwar sei man all jenen dankbar, „die das schreiende Unrecht der Abtreibung weiterhin auf der politischen Tagesordnung halten“. Allerdings verteidige „die überwältigende Mehrheit der Politiker den Schutz des menschlichen Lebens nicht wirksam“.
Q: Informationsdienst d. Ev. All.