Würzburg wird Ende April 2009 für einige Tage zum Zentrum des deutschen Protestantismus. Das Parlament der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tritt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Parallel dazu versammeln sich in Würzburg die Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und die Vollversammlung der Union Evangelischer Kirchen (UEK) zu ihrer ersten Tagung in der neuen Amtsperiode. Dass die evangelischen Kirchenparlamente vom 30. April bis 3. Mai enger zusammenrücken, ist Resultat der 2005 beschlossenen Neuordnung… …, die auf eine Konzentration der Kräfte im Protestantismus abzielt.
Mehr als die Hälfte der Synodenmitglieder ausgetauscht
Verglichen mit der vorangegangenen Synode gibt es im EKD-Kirchenparlament, das Vertreter aller 22 Landeskirchen und wichtiger gesellschaftlicher und politischer Kräfte vereint, viele neue Gesichter. Von den 126 Synodalen gehören mehr als die Hälfte erstmals dem Gremium an. Der Frauenanteil beträgt rund 45 Prozent. Auch die Quote, wonach maximal die Hälfte der Synodalen Theologen sein dürfen, wird erfüllt. Der Altersdurchschnitt liegt bei 55,6 Jahren.
Weichenstellungen
In Würzburg wird das Kirchenparlament vor allem Weichenstellungen für seine sechsjährige Legislaturperiode vornehmen. Zudem wird der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, dessen Amtszeit im Herbst endet, einen Bericht zu aktuellen Themen aus Kirche und Gesellschaft vorlegen.
Gegen Ende der vergangenen Periode wurde spürbar, dass die Synode mehr Einfluss auf den Kurs der EKD zu nehmen wünscht. Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass das neu zusammengesetzte Kirchenparlament seine künftige Rolle und das Verhältnis zu den anderen Leitungsgremien erörtern wird.
Neues Präsidium
In der konstituierenden Sitzung am 2. Mai erfolgt die Neuwahl des Präsidiums der Synode, das aus einem Präses, zwei Stellvertretern und vier Beisitzern besteht. Der Präses leitet die Synode und repräsentiert sie in der Öffentlichkeit. In der Regel wird diese Aufgabe von profilierten protestantischen Laien, also Nicht-Theologen, wahrgenommen.
In den vergangenen sechs Jahren war Barbara Rinke, Oberbürgermeisterin im thüringischen Nordhausen, Präses und damit automatisch Mitglied des Rates der EKD. Die SPD-Kommunalpolitikerin hatte sich 2003 gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Hermann Gröhe durchgesetzt. Ob Rinke wieder für das Präsesamt kandidieren will, ließ sie bislang nicht erkennen.
Auch Günther Beckstein ist im Gespräch
Als mögliche Kandidaten für den Leitungsposten werden Günther Beckstein und Katrin Göring-Eckardt genannt. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein, der kirchlich stark verwurzelt ist, gehört zum ersten Mal der EKD-Synode an.
Über kirchenpolitische Erfahrung verfügt der Franke aus der bayerischen Landessynode, deren Mitglied er seit 1999 ist. Bundestags-Vizepräsidentin Göring-Eckardt, die evangelische Theologie studierte, ist erneut berufenes Mitglied der Synode. Die Grünen-Politikerin gehört seit 2007 dem Vorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentages an, sie wird 2011 in Dresden Kirchentagspräsidentin.
Der Rats-Wahlausschuss hat eine Schlüsselstellung
Als Präses-Kandidat genannt wird ebenfalls der Jurist Karl Heinrich Schäfer aus Wiesbaden. Dem Abteilungsleiter beim Hessischen Rechnungshof werden in Kirchenkreisen gute Leitungsqualitäten bescheinigt. Seit 1994 steuert er als »Parlamentspräsident« die eigenwillige Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Zudem wird das Kirchenparlament über die Zusammensetzung seiner ständigen Ausschüsse entscheiden. Eine Schlüsselstellung wird dem Ratswahlausschuss zugemessen, dem zehn Synodale und drei Mitglieder von Kirchenleitungen angehören. Dieses Gremium bereitet einen Personalvorschlag für die Neuwahl des Rates im Herbst vor.
Huber-Nachfolge entscheidet sich im Oktober
Von den 15 Ratsmitgliedern werden 14 von der Synode und der Kirchenkonferenz gemeinsam gewählt, der Synodenpräses ist »geborenes« Mitglied des Rates.
Die Entscheidung, wer Nachfolger von Bischof Wolfgang Huber als Ratsvorsitzender und damit oberster Repräsentant des deutschen Protestantismus wird, fällt im Oktober in Ulm.
Q: epd v. 29.04.2009
Weblink:
»Die Protestanten rücken zusammen«
??? –> Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)…
…ist die Gemeinschaft der 22 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik mit rund 25 Millionen Protestanten. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit 126 Mitgliedern, die Kirchenkonferenz und der aus ehrenamtlichen 15 Mitgliedern bestehende Rat. Dessen Vorsitzender und damit Repräsentant der EKD ist derzeit der Bischof der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Wolfgang Huber.
Die EKD wurde im August 1945 im nordhessischen Treysa als Zusammenschluss lutherischer, reformierter und unierter Landeskirchen ins Leben gerufen. Ihre Aufgaben liegen vor allem bei Fragen der öffentlichen Verantwortung der Kirche und bei den Außenbeziehungen.
In den vergangenen Jahrzehnten verlagerte sich der Akzent zunehmend auf den Ausbau des einheitlichen Handelns der Landeskirchen. So ist die EKD etwa zuständig für die Herausgabe der beiden Grundtexte, der Lutherbibel und des Gesangbuchs.
Anfang 2007 wurde eine Strukturreform wirksam, die eine enge Verzahnung der Organe und Dienststellen von EKD und den konfessionellen Zusammenschlüssen der Lutheraner und Unierten beinhaltet. Die Teilung Deutschlands hatte 1969 auch für die evangelische Kirche eine organisatorische Trennung zur Folge.
Nach der politischen Wiedervereinigung schlossen sich 1991 die evangelischen Kirchen in Ost- und Westdeutschland wieder zusammen.
Q: epd