Die Berner Monatszeitung „reformiert.“ darf keine Werbeplakate in öffentlichen Verkehrsmitteln ihrer Heimatregion aufhängen. Die dortigen Verkehrsbetriebe wollen damit für Gleichberechtigung sorgen. Zu Beginn des Jahres hatten sie auch Schweizer Atheisten untersagt, in ihren Fahrzeugen Plakate zu installieren. „Keine Werbung mit religiösem Inhalt.“ Das ist die neue Richtlinie der Verkehrsunternehmen Bernmobil, Postauto Schweiz, Ortsbus Köniz, Biel-Täuffelen-Ins und Aare Seeland mobil. Wie die „Katholische Internationale Presseagentur“ (kipa) meldet, ist einer der ersten Betroffenen… der Maßnahme die evangelische Zeitung „reformiert.“ Der Verlag hatte in Bussen, Bahnen und Postautos mit Slogans wie „O Gott, O Gott! Die Kirche am Ende. Am Ende die Kirche?“ oder „Jugend ohne Gott? Blödsinn!“ geworben. Bernmobil-Sprecherin Annegret Hewlett begründet den Entscheid laut „reformiert.“ damit, dass man keine Werbung mit religiösem Inhalt mehr zulasse. Die Direktion habe dies aufgrund einer früheren Debatte über atheistische Werbeaktionen entschieden.
Streit tobt seit atheistischer Buskampagne
So hatte die „Freidenker-Vereinigung der Schweiz“ (FVS) zu Beginn des Jahres versucht, eine atheistische Werbekampagne in Bussen zu starten. Im Februar hatte die FVS angekündigt, mit dem Slogan „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Kein Grund zur Sorge, genieß das Leben“ zu werben und damit einen Kontrapunkt zur „Omnipräsenz kirchlicher und religiöser Werbung“ zu setzen. Einige Verkehrsbetriebe, darunter „Bernmobil“ und das „Postauto Schweiz“, weigerten sich, die Plakataktion zuzulassen. Laut „reformiert.“ tobt seitdem ein landesweiter Streit über „Sinn und Unsinn religiöser Werbung“.
„Postauto Schweiz“ erklärte nun, es wolle der religiösen Vielfalt im Lande Rechnung tragen und verbiete ab sofort Werbung mit jeglichem religiösen Inhalt. Religiöse Gemeinschaften, so ein Sprecher gegenüber kipa, könnten sich durch die Werbung anderer Religionen verletzt fühlen. Das Unternehmen will die Regelung in der ganzen Schweiz einführen. Auch „Bernmobil“ verbietet Werbung laut Sprecherin Hewlett künftig, „wenn sie von explizit gläubigen oder explizit ungläubigen Gruppierungen kommt“. Weiter erklärte sie: „Wir können nicht den einen etwas verbieten und es den anderen erlauben.“ Die FVS deutet das Vorgehen als Sieg. „Wir haben unser Ziel erreicht und die religiöse Aufrüstung eingedämmt“, sagte Geschäftsführerin Reta Caspar auf Anfrage der Schweizer Zeitung „20 Minuten“.
Kein Verbot in Zürich
In Zürich, wo „reformiert.“ auch erscheint, sieht man die Lage anders: „Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit an eine höhere Existenz glaubt“, erklärte Andreas Uhl, Sprecher der Verkehrsbetriebe Zürich. Ob dies nun Allah, Buddha oder Gott sei, spiele keine Rolle. Folglich fühlten sich die Reisenden durch religiöse Botschaften auch nicht gestört. „Seit der Debatte Anfang des Jahres prüfen wir aber Kampagnen mit atheistischem Inhalt eingehender“, so Uhl gegenüber „20 Minuten“. Ein generelles Verbot gebe es aber auch für „Anti-Gott-Plakate“ nicht.
Nach eigenen Angaben wirbt „reformiert.“ nun vermehrt mit Großplakaten auf öffentlichen Plätzen und in Bussen anderer Verkehrsbetriebe. Das Verbot soll nochmals rechtlich geprüft werden. Eine Sprecherin erklärte, man werde „mit den entsprechenden Stellen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln in Kontakt bleiben“. Die Zeitung wolle mit ihrer Werbung nicht etwa missionieren, sondern lediglich den Bekanntheitsgrad des Blattes steigern.
„Reformiert.“ druckt laut Verlag etwa 700.000 Exemplare und ist ein Kooperationsprojekt des Aargauer, Bündner und Zürcher „Kirchenboten“ sowie der Berner Zeitung „saemann“. „reformiert.“ erscheint monatlich und in Zürich 14-täglich.
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