Wohlhabende mehr fordern: Diakonie-Chef beklagt anhaltende soziale Schieflage

diakoniesymbolDer Präsident des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Klaus-Dieter Kottnik, hat vom Staat mehr soziale Gerechtigkeit bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise gefordert. »In Deutschland leben zwei Millionen Kinder unter der Armutsgrenze, und für die war von staatlicher Seite in den vergangenen Jahren nie genug Geld da«, sagte der Pfarrer in einem Interview der »Welt am Sonntag«. Wenn für die Wirtschaft jetzt plötzlich unvorstellbare Summen lockergemacht werden, sei das »ganz klar ein Widerspruch«. 

Das Hypo-Real-Estate-Geld würde für alle Menschen mit Behinderung zehn Jahre lang reichen

»Der Staat darf sich nicht nur auf einzelne Industriebereiche konzentrieren«, fügte der Diakonie-Chef hinzu. Mit den 112 Milliarden Euro, die der Staat für die Hypo Real Estate aufgebracht habe, könnten Kottnik zufolge alle Menschen mit einer Behinderung, die hierzulande in einer Einrichtung leben, zehn Jahre lang versorgt werden. »Hier muss ein gerechter Ausgleich geschaffen werden.«

Die Finanzierungsmöglichkeiten des Staates seien noch bei weitem nicht ausgeschöpft, fügte Kottnik hinzu: »Meiner Ansicht nach müssten wir etwa viel stärker bei den Reichen ansetzen. Studien zufolge sind hierzulande die Wohlhabenden lange nicht so gefordert wie etwa in den skandinavischen Ländern, und ich weiß nicht, warum das bei uns anders sein sollte als dort.«

»Gier wohnt in jedem von uns«

Er gehöre jedoch nicht zu denen, »die Manager-Bashing betreiben«, betonte Kottnik. »Gier wohnt wahrscheinlich in jedem von uns, und bei den Managern ist sie deswegen besonders zum Ausdruck gekommen, weil sie mehr Mittel zur Verfügung hatten als die meisten anderen Menschen«, so der evangelische Theologe.

»Diese Gier, die mit der ‚Geiz ist geil‘-Welle ihren Anfang nahm, war über Jahre allgegenwärtig.«

Q: epd