Die „Berner Zeitung“ aus der Schweiz kritisiert die Reaktionen auf das Köhler-Interview: „Reflexartig regten sich Medien, Politiker und Experten über den Bundespräsidenten auf. Manche Kritiker sahen schon die Verfassung verletzt. Diese Empörungsmaschinerie ist inzwischen Alltag in Deutschland. Sie kann jeden treffen, der ein falsches Wort sagt – oder ein falsch verstandenes Wort. Moralinsauer, pingelig, hysterisch – so verlaufen diese Debatten meistens. Die eigentlichen Probleme bleiben derweil ungelöst. Horst Köhler wollte bei diesem Spiel nicht mehr mitmachen. Man kann ihn verstehen.“
Die „Stuttgarter Nachrichten“ bilanzieren: „Die Republik verliert einen guten, einen populären Präsidenten. Die Bundesregierung verliert einen Pfeiler ihrer Macht. Es kracht im schwarz-gelben Gebälk.“
Die „Heilbronner Stimme“ betont: „Der Grund für seinen Rücktritt sagt viel über die Situation unseres politischen Systems aus. Man verlangt vom ersten Mann im Staat, Klartext zu sprechen. Wenn er es tut, echauffieren sich viele. Vielleicht sollten sich die Parteien fragen, welche Funktion ein Bundespräsident in unserer Gesellschaft überhaupt noch hat.“
Die Oldenburger „Nordwest-Zeitung“ urteilt: „Mit dem völlig unerwarteten Schritt reagierte Köhler auf eine polemische, weit überzogene und jeglichen guten Stil ignorierende Kampagne einiger weniger Politiker und eines Teils der Medien. Gewiss lässt sich trefflich streiten, ob Köhler den richtigen Schluss zog, um Schaden vom höchsten Amt unserer Republik abzuwenden, oder ob er sich bei einer besonderen Herausforderung als zu dünnhäutig erwies. Die große Mehrheit der Deutschen wird den Schritt sicherlich bedauern, repräsentierte doch erstmals seit langem unser Land ein Nicht-Politiker, dem die Parteifreunde nicht zum Lebensabend als Dankeschön ein schönes Amt bescheren wollten“, ist die Zeitung überzeugt.