Eine komplette Woche Mitte November 2012 hat die ARD dem Thema Sterben gewidmet. Reportagen, Filme und Debatten über das „Leben mit dem Tod“ laufen dann rund um die Uhr im Ersten und auf zahlreichen Hörfunkwellen. Patin des Projekts ist unter anderem die Lutherbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann…
„Es gibt Themen in dieser Gesellschaft, die sind nicht sexy“, sagte die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Dagmar Reim, am Mittwoch in der Hauptstadt. Damit meinte sie zum Beispiel das Sterben. Obwohl das Thema nicht gerade ein Publikumsmagnet zu sein scheint, hat sich die ARD dazu entschieden, eine komplette Woche unter das Motto „Leben mit dem Tod“ zu stellen. Vom 17. bis zum 23. November dreht sich im Ersten sowie auf den in der ARD-Rundfunkwellen der dazugehörigen öffentlich-rechtlichen Sender so gut wie alles ums Sterben. „Das ist nicht nur ein Thema für Alte und Kranke. Es kann jeden jeden Tag angehen“, erklärte Reim bei der Vorstellung der Themenwoche.
Intendantin sammelt Todesanzeigen
Das sollen auch die drei Paten des Projekts demonstrieren. Margot Käßmann zählt ebenso dazu wie Moderator Reinhold Beckmann und Comedian Dieter Nuhr. Letzter soll dem Thema durch seine Satiresendung „Nuhr am Leben“ am 19. November um 22.45 im Ersten etwas Leichtigkeit verleihen. In gewohnter Manier witzelt er dort über Verstorbene wie den Schauspieler Johannes Heesters oder Osama bin Laden. Für Reim ist dieser Umgang mit dem Tod nur natürlich. Sie gab sogar zu, außergewöhnliche Todesanzeigen zu sammeln. Ihr Lieblingsstück sei ein Nachruf auf einen Schornsteinfeger aus Rosenheim mit dem Wortlaut: „Er kehrt nie wieder“.
Weitgehend gelassen geht Pfarrerin Margot Käßmann mit dem Tod um. Im Haushalt einer Geistlichen gehe es oft schon am Mittagstisch um das Thema Beerdigung. Sie selbst habe in der Trauerbegleitung immer wieder erlebt, dass Menschen dem Tod zu Lebzeiten zu wenig Aufmerksamkeit widmeten. Dann sei nach dem Sterben eines Angehörigen zum Beispiel nicht klar, ob er seine Organe spenden wolle, oder wie er sich seine Trauerfeier gewünscht habe. „So unerwartet kann der Tod nicht kommen, denn wir wissen ja, dass wir sterben werden“, sagte sie. Sie selbst wünsche sich, möglichst schmerzfrei zu sterben und habe als Pfarrerin oft erlebt, dass „der Tod sanft kommt“. Als Christin stehe neben allem Ungewissen für sie fest: „Der Tod bedeutet keinen Punkt, sondern einen Doppelpunkt.“ Beckmann erklärte, er gehe mit dem Thema Tod auch in seiner Sendung eher unerschrocken um, schließlich sei er früher Ministrant gewesen. Für seinen Dienst bei Beerdigungen habe es sogar Trinkgeld gegeben.
Tatort: Krebs im Endstadium
Den TV-Programmauftakt bildet das „Berliner Gespräch 2012“ zum Thema „Wie wir sterben wollen“ am Donnerstag, den 15. November, um 22 Uhr auf „Phoenix“. Zu den weiteren Höhepunkten der Themenwoche im Ersten zählt die ARD den Tatort am Sonntag, den 18. November, um 20.15 Uhr. Kommissarin Melissa Meinhard erhält darin die Diagnose: Krebs im Endstadium. Einen Tag später zur selben Uhrzeit zeigt der Sender die TV-Reportage „Sie bringen den Tod“. Dafür haben die Journalisten Sebastian Bösel und Ulrich Neumann Sterbehelfer in Deutschland begleitet – Ärzte, die ihren Patienten auf Wunsch einen tödlichen Medikamenten-Cocktail besorgen. Gleich im Anschluss diskutieren die Gäste der Sendung „hart aber fair“ ebenfalls über Sterbehilfe. Der Film „Blaubeerblau“ zeigt am Mittwoch, den 21. November, um 20.15 Uhr das Leben und Sterben im Hospiz. Eine weitere Reportage am Samstag, den 24. November, um 15.30 Uhr fragt: Wie geht eigentlich das „Sterben ohne Glauben“? Wie gehen Menschen ohne religiösen Halt mit Trauer um?
Ein breites Hörfunkprogramm gehört ebenso zur Themenwoche wie die Netz-Aktion „Lebensblicke“. Wer sich selbst zum Thema Sterben äußern möchte, kann eigene Video- oder Audiobotschaften in einem Youtube-Kanal der ARD hochladen oder schriftliche Statements einsenden. Auch die „Aktion Schulstunde“ gehört zum Begleitprogramm der Themenwoche. Mit einer eigens eingerichteten Internetseite will die ARD Lehrer und Schüler der 3. bis 6. Schulklasse dazu einladen, den Tod im Unterricht zu thematisieren. Unter www.schulstunde.ard-themenwoche.de finden Interessierte Materialien dazu. RBB-Intendantin Dagmar Reim findet es besonders wichtig, dass sich junge Menschen mit dem Sterben beschäftigen. Am Mittwoch erklärte sie: „Der Tod tritt nicht erst dann an uns heran, wenn wir das dafür vorgesehene Alter erreicht haben.“
cma