Der Pfarrberuf – in Westfalen diskutiert

„Zukunft des Pfarramtes“, so lautete das Schwerpunktthema bei der diesjährigen westfälischen Landessynode. Und in der Diskussion darüber kamen durchaus sehr unterschiedliche Ansichten zutage. Einig waren sich die Synodalen, dass der Pfarrberuf noch immer zentrale Bedeutung für die Kirche hat. Wie die Rolle des Pfarrers oder der Pfarrerin aber konkret aussehen soll – daran schieden sich die Geister…

So betonte Präses Annette Kurschus, die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen: Zwar müssten alle Christen das Evangelium in Wort und Tat bezeugen. Das Pfarramt nehme jedoch nach Alter, Herkunft und Fülle der Aufgaben eine faktische Sonderstellung in unserer Dienstgemeinschaft ein“. Anders ausgedrückt: Der Beruf des Pfarrers ist kein Job wie jeder andere.

Dem gegenüber stand die zum Teil heftig vorgebrachte Haltung in den Diskussionsgruppen der Synodalen, die vor allem die Rahmenbedingungen des Pfarrberufes kritisierte. Belastung für das Familienleben, ausufernde Arbeitszeiten, überhöhte Erwartungen an das Pfarramt waren häufig zu hörende Stichworte.

„Wir haben den Diskussionsbedarf in dieser Frage offenbar unterschätzt“, so die westfälische Präses nach Auswertung der Arbeitsgruppen.

Anfang des nächsten Jahres soll dazu eine Anhörung von Fachleuten stattfinden. Deren Ergebnisse könnten dann bei der nächsten Landessynode im November 2016 als Grundlage einer erneuten Verständigung über den Pfarrberuf dienen.

Als wichtige Eigenschaften eines Pfarrers nannte Kurschus Nähe und Liebe zu den Menschen und öffentliches Auftreten: „Der Pfarrer und die Pfarrerin gehören unter die Leute“, sagte die leitende Theologin der viertgrößten Landeskirche in Deutschland. „Man muss ihr Gesicht vor Ort kennen.“ Pfarrer sollten zudem in der Lage sein, „in öffentlicher Verantwortung aus dem Glauben heraus fundiert Stellung zu nehmen zu gesellschaftlichen, politischen und weltanschaulichen Fragen“.

Am Beamtenstatus der Pfarrer will die westfälische Präses festhalten.

Die damit verbundene finanzielle Unabhängigkeit biete „eine gute Voraussetzung dafür, dass sie die manchmal auch unbequeme und widerständige Botschaft des Evangeliums frei und unbefangen in die Welt tragen können“. Existenziell für den Pfarrberuf seien zudem Freiräume und zeitliche Beweglichkeit.

Feste Stundenkontingente oder „rituell einzuhaltende freie Tage“ lehne sie als Eingriff in die Freiheit des Pfarramtes ab.

Zu diesem Amt gehört für Kurschus eine Durchlässigkeit von Privatleben und Beruf. So müsse eine Pfarrerin unter Umständen spontan für ein Gemeindeglied da sein, obwohl sie gerade ihren freien Tag habe. „Oder der Pfarrer kann seinen Urlaub erst einen Tag später als geplant antreten, weil er versprochen hat, ein Gemeindeglied zu beerdigen“, sagte die Präses. „Das gehört zu den Einschränkungen dieses Berufes.“ gmh/epd