Basics Gemeindearbeit Mai 2018 (CH)

Wie „tickt“ der Pfarrer C.H.? – Gern im Kontakt mit Menschen. Immer zuerst zuhörend. Rückfragend. Service-anbietend. Auch in direkter Rede – wenn es passt. – Gern auch im Kontakt mit unserem Vater im Himmel. Hörend. Fragend. Service-in-Anspruch nehmend. Auch im Gebet – weil das immer passt…Auf dieser Seite finden sich ein paar schnell aufgeschriebene Gedanken dazu, wie der Pfarrer C.H. „tickt“. Nicht druckreif – und im Wissen, dass dies nur Fragmente eines großen Ganzen sein können:

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1. Pastorale Grundversorgung:
Mehr als nur unsere „Pflicht“.

Die erfahrungsreichen und schönen Jahre im pastoralen Dienst haben mich immer wieder darin bestärkt: Trotz aller Spar-Maßnahmen ist es klug, wichtige Fundamente nicht zu opfern:

1.1. Jesus Christus: Gott kommt uns nah, damit unser Weg zu Gott nicht so weit ist.

„Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ (1. Kor. 3,11)

„Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk…“ (Lukas 1,68)

Gott macht sich zu uns auf / als Mensch wie ich und du. / Der Herr der ganzen Welt / kommt liebend auf uns zu. / Gott reitet auf dem Esel, / kommt nicht als Herrscher her, / ein König ohne Krone / und doch der größte Herr. Gott kommt, um uns zu helfen, / er lässt uns nicht im Stich. / Wir singen Hosianna. / Herr, hilf, wir brauchen dich.
Lobt den, der da uns kommt. / Ehrt ihn, / weil er zu uns kommt. / Hosianna! Hosianna!“ (Joh. Nitsch; Chr. Zehendner)

1.2. Gottesdienste: Orte der regelmäßigen Verkündigung des Evangeliums.

Nach meinem Verständnis sind Gottesdienste „Grundlebensmittel“ – und nicht nur Freizeitgestaltung. Jesus Christus hat die besondere Verheißung seiner Gegenwart gegeben, wenn sich zwei oder drei in seinem Namen versammeln. Wo der lebendige Gott gegenwärtig ist, werden wir nicht ohne Hilfe und Segen bleiben. Die gemeinsamen Gebete und Lieder stärken uns. Auch durch die Lesung und Auslegung der Bibel redet Gott zu uns. Die Feier des Mahles des Herrn vergewissert uns. Die Begegnung mit anderen Christinnen und Christen ermutigt, fordert heraus und korrigiert.

Ich habe Freude an akkurater Vorbereitung und festlicher Gestaltung (bevorzugt im Team). Gottesdienste, die vielen Menschen – und mir selber auch – besonders gut gefallen, sind zeitgemäß, verständlich, in ungezwungener Atmosphäre (gern auch mit anschließendem Kirchencafé oder Imbiss) und realisieren eine gute Mischung aus Tradition und Innovation. Pastoraler Dienst möchte nach meinem Verständnis dazu verhelfen, dass es sich herumspricht: Gottesdienste sind „Gewinn“-bringende Treffpunkte.

1.3. Taufe, Trauung, Trauerfall: Hilfreiche Begleitung. Orientierung im Kontext.

Nach meiner Einschätzung ist es wichtig, dafür besondere Zeitfenster zu schaffen…
…wenn jemand im Sterben liegt und/oder das Krankenabendmahl wünscht…
…wenn eine kurze Andacht am Sterbeort gewünscht wird…
…wenn Menschen den Wunsch haben, auch nach der Bestattung begleitet zu werden…
…wenn Brautpaare die Kirche vorher sehen möchten…
…wenn Brautpaare noch bei römisch-katholischen Kollegen zu einem „Braut-Examen“ müssen, kann das Angebot hilfreich sein, vorher über die Fragen zu sprechen, die auf sie warten…
…wenn Menschen über (religiöse) Erziehung reden möchten…

1.4. Seelsorge: Dem dreieinigen Gott liegt unser Wohl am Herzen – und die Kirche hat auch darin den Auftrag, Gott „nachzueifern“ (imitatio Dei).

Pfarrpersonen (oder auch weitere Teamerinnen und Teamer) sind gerne ansprechbar – persönlich, telefonisch, per Brief, E-Mail oder social media. Zuhören steht an erster Stelle. Seelsorge ist auch begleitet von der großen Chance, Menschen aus der Enge in die Weite einzuladen / aus dem Gefühl des Verlassenseins in die Gewissheit eines festen Getragenseins.

1.5. Hausbesuche: Es ist gut, wenn Kirche Zeit hat, Menschen zu Hause, im Krankenhaus, in der Reha oder auch in der Seniorenresidenz zu besuchen.

Dabei ist es völlig egal, ob es am Besuchsort „picco bello“ ordentlich aussieht –  oder eher nach „wenig Zeit zum Aufräumen“. Hauptsache der Besuch ist hilfreich. Auch die pfarramtliche Verschwiegenheit (gesetzlich geschützt!) ist eine wichtige Säule des pastoralen Dienstes.

Ergänzend ist auch ein breit gefächerter, gut organisierter (pastoral begleiteter) Besuchsdienst hilfreich (Geburtstage, Neuzugezogenen-Begrüßung usw.).

1.6. Diakonisches Handeln: Gelebte Nächstenliebe.

Diakonie im Neuen Testament begründet. Sie ist gelebte Nächstenliebe in der Nachfolge von Jesus Christus. Sie verkündigt tatkräftig, die Liebe Gottes zu uns Menschen im kirchlichen Tun in der Gemeinde, der Evangelischen Kirche und ihren Einrichtungen durch praktisches Handeln und greifbare Hilfe-Strukturen vor Ort zu leben. Die Kirche der Verkündigung wird in der Diakonie durch die Kirche der Tat ergänzt. Sie orientiert sich an der Lebenssituation des Mitmenschen durch persönliche Zuwendung und praktisches Handeln. Mit dem Engagement in der Diakonie leistet die Kirche einen wichtigen Beitrag zur glaubwürdigen Existenz Gottes mitten in der Welt. Die christliche Mitverantwortung für Bildung und Erziehung verstehe ich ebenfalls als diakonische Arbeitsfelder.

Im Neuen Testament ist die Diakonie das erste und älteste kirchliche Amt überhaupt. In den ersten christlichen Gemeinden spielte sie eine entscheidende Rolle, und sie ist direkt auf Jesu Botschaft der Nächstenliebe zurückzuführen: Als Jesus einmal gefragt wurde „Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz?“, antwortete Jesus: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.“ Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22,36-40).
(vgl. auch unten: 2.11.)

2. Freude an der kreativen Kirchen-„Kür“.

Ob Gottesdienste, Kasualien, Kirchlicher Unterricht, Gruppenarbeit, Gremien-Aufgaben, Teamtreffen oder Außenkontakte: Kreativ & gottesfürchtig & wertschätzend ist’s frischer.
Dazu begleiten mich vor allem folgenden „Basics“:

2.1. Zeit für’s Wesentliche:

Kirche soll möglichst nicht in Gestalt einer ‘eiligen christlichen Kirche’ die Aufgabenliste „abarbeiten“, sondern spürbar, nützlich treu und präsent für die Menschen da sein.

Als ich im letzten Jahrtausend meinen kirchlichen Dienst begann, habe ich es so verstanden, dass wir Pfarrpersonen damit beauftragt sind, für Menschen Zeit zu haben. „Heute“ hat man zuweilen den Eindruck, die Kirche scheint mehr und mehr versteckt zu sein hinter Aktenbergen und Jammerliedern.

Treffend hat der ehemalige „Chef“ der Ev. Kirche im Rheinland, Präses (i.R.) Manfred Rekowski, gerade angesichts der Umsetzung von Sparmaßnahmen und Gemeindefusionen empfohlen, dass die Kirche neben allem mathematischen Rechnen auch wieder neu mit Gott rechnen soll!

2.2. Mit Gott rechnen:

Kirche tut gut daran, damit zu rechnen, dass der lebendige Gott erst recht in Zeiten wie diesen Orientierung und Kraftpakete schenkt.

Beispiel: Der alttestamentliche Daniel.
Daniel hatte zeitweise heftigen „Herausforderungs-Wind“ zu ertragen. Aber sein fester Glaube an Gott hat ihm nach oben hin Flügel verliehen, nach unten hin Standfestigkeit geschenkt und nach rechts und links hin zuverlässige Freunde an die Seite gestellt, mit denen es Freude gemacht hat, gute und sinnvolle Schritte zu gehen.

Gemeinsam rechnen wir mit Gott und freuen uns darauf, Spannendes auf diesem Weg zu erleben.

Schön, wenn sich das herumspricht:
Die Kirche setzt trotz aller Unkenrufe immer wieder wirksame Hoffnungs-Zeichen (Martin Luther würde sagen: ein ‘Apfelbäumchen pflanzen’) gegen Pessimismus und angebliche Unumkehrbarkeit der begrenzten Verhältnisse.

Die Bibel ist nach Martin Luther ein fröhliches Morgen-Evangelium – und die neutestamentliche Gemeinde tut gut daran, keine schläfrige Abendausgabe daraus zu machen. Christen leben im Licht des kommenden Tages (eg 16: „Die Nacht ist vorgedrungen…“). Biblisch gesprochen ist es ’sechs Uhr morgens‘ – und nicht ‚fünf vor Zwölf‘. Gottes großer Tag bricht an. Der frühe Vogel fängt den Wurm – und nicht die nörgelnde Nachteule (vgl. Römer 13,11-14). Christinnen und Christen sind Hoffnungsboten, auch wenn Schwarzmaler den ganzen Weltenhintergrund dunkel einpinseln. Jesus ist der wiederkommende Herr. Er ist nicht im Grab geblieben, sondern unser Vater im Himmel hat ihn auferweckt. Jesus lebt – und wir sollen auch leben (vgl. Joh. 14,19).

2.3. Gemeindearbeit hat Perspektive:

Gute Gemeindearbeit traut heute für morgen den Menschen möglichst aller Altersgruppen viel zu. Gemeindearbeit lässt erleben, wie Potenzial und Glaube wachsen und wie Begabungen gefördert und Menschen „nach vorn“ ermutigt werden. Damit die Welt nicht so bleibt, wie sie ist.

„Wenn man tut, was Gott gefällt, wird es besser auf der Welt!“ (aus einem Kinderlied von Hella Heizmann)

2.4. Gemeindearbeit hat Inhalt:

Schön, wenn drin ist, was draufsteht: Kirche (Kyrios / Herr / Jeus Christus und seine Gemeinde trifft man dort). Gute Gemeindearbeit bietet spannende Entdeckungen & Begegnungen untereinander und mit dem dreieinigen Gott. Sie lebt von einer lebensbejahenden Offenheit gegenüber der Wirklichkeit der Menschen, ihrer Musik, ihrer Sprache, ihrer Kreativität und ihrer Lebensentfaltung. Diese Dynamik wird geprägt von der Liebe Gottes zu jedem Menschen.

2.5. Gemeindearbeit hat Kultur:

Attraktive Gemeindearbeit bietet den Menschen viele Möglichkeiten, ihre unterschiedlichen kulturellen Ausdrucksformen zu erleben und zu gestalten. Traditionelles & Innovatives versuchen auf verantwortungsbewusste Weise, Hand in Hand zu gehen. In diesem Sinne ist Gemeindearbeit auch schön & abwechslungsreich.

2.6. Gemeindearbeit hat Kreativität:

Gute Gemeindearbeit bietet viel Platz für die Entfaltung von Kreativität und Ideen – und zum gemeinsamen Entdecken von Potenzialen und Grenzen. Gute Gemeindearbeit ist auch bunt & einfallsreich.

2.7. Gemeindearbeit hat christlichen Glauben:

Gute Gemeindearbeit eröffnet Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Milieus Räume, in denen sie den christlichen Glauben kennenlernen, Glaubens-Erfahrungs-Geschichten begegnen und neue Perspektiven für ihr eigenes Leben und für das Leben der Gemeinde entdecken können. Gute Gemeindearbeit ist auch ganzheitlich inspirierend.

2.8. Gemeindearbeit hat Kompetenz:

In der Gemeinde können Menschen unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Milieus ganz ungezwungen Neuland betreten, sich ausprobieren und auch soziale und fachliche Fähigkeiten weiterentwickeln. Gute Gemeindearbeit realisiert „Mentoring“ und ist gleichzeitig herausfordernd.

2.9. Gemeindearbeit hat Sorgfalt:

In der Gemeinde achten die Menschen im Sinne eines einladenden „Fairplays“ aufeinander und unterstützen sich. Beziehungen werden vertieft. Freundschaften entstehen. Es wird nicht negativ übereinander geredet. Gute Gemeindearbeit ist frei von Willkür oder Herrschertum. Aufgaben werden gewissenhaft ausgeführt. Gute Gemeindearbeit ist wach, achtsam, ermutigend und stärkend.

2.10. Gemeindearbeit hält Ordnung & Übersicht:

Gute Gemeindearbeit hat saubere Strukturen, ein ordentliches/würdiges/aufgeräumtes „Innen & Außen“ und ist geprägt von Respekt, Wertschätzung und Verantwortung füreinander. Gute Gemeindearbeit realisiert immer auch eine „Herzlich-willkommen“-Atmosphäre.

Gute Gemeindearbeit geht kontinuierlich anständig und hochachtungsvoll mit allen weiteren Gemeinden, Freikirchen, Vereinen – und auch mit Menschen anderer Glaubensüberzeugungen – um („Einander den Glauben glauben…“ / „Ehren geht vor bekehren…“ / >> Die Ortsgemeinde als wichtige Erscheinungsform der weltweiten christlichen Gemeinde mitsamt ihrem „bunten“ Team ist sozusagen auch ein „Brief Christi“; 2. Kor. 3,3).

Gute Gemeindearbeit sucht auch den Kontakt zur Öffentlichkeit, kündigt Termine & Inhalte an und berichtet übersichtlich, multimedial und vertrauenserweckend auf zeitgemäßem und professionellem Niveau.

2.11. Gemeindearbeit braucht Demut:

Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren;
es streit’ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ,
der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott,
das Feld muss er behalten.“
(Martin Luther)

2.12. Gemeindearbeit mischt sich ein und lindert Not:

Dies ist nicht der Ort zur Darlegung einer Theologie der Diakonie. Aber vielleicht skizziert folgendes Gebet aus der Feder von Sven Quittkat Kernpunkte des Anliegens:

„Barmherziger Gott, allmächtiger Vater, es ist ein Wunder, dass Du immer noch Hoffnung in uns setzt, obwohl wir Dich so oft vergaßen. Wir bitten Dich: Erfülle uns mit Deinem Geist, dass wir von dem leben, was Du uns schenkst an Glauben. Wir bitten Dich um die Kraft der Liebe in allem, was wir tun. Wir möchten unseren Pflichten mit Liebe nachkommen, sonst werden wir verbittert. Wir möchten Gerechtigkeit mit Liebe üben, sonst werden wir überheblich. Wir möchten die Wahrheit mit Liebe sagen, sonst werden wir besserwisserisch. Wir möchten Weisheit mit Liebe verbinden, sonst werden wir gerissen. Wir möchten Freundlichkeit aus Liebe zeigen, sonst werden wir heuchlerisch. Wir möchten Ordnung mit Liebe halten, sonst werden wir kleinlich. Wir möchten Sachkenntnis mit Liebe zeigen, sonst werden wir rechthaberisch. Wir möchten Glauben mit Liebe leben, sonst werden wir fanatisch. So bitten wir Dich, Herr Jesus Christus, um Deinen Geist der Liebe.“

2.13. Gemeindearbeit pflegt barmherzige Gemeinschaft:

Im Refrain eines neueren Liedes heißt es:
„Du und ich – wir sind Geschwister. Komm und reich‘ mir deine Hand – als Zeichen, als Signal, dass Gottes Liebe uns trägt. Wir sind Kinder eines Vaters, der barmherzig mit uns ist – und uns bittet: Seid barmherzig miteinander!“

Gute Gemeindearbeit setzt auf „gemeinsam statt einsam“, arbeitet teamorientiert, pflegt eine wertschätzende Ehrenamtskultur und hat ein weites Herz für diejenigen, deren Lebenslinien nicht „glatt“ verlaufen sind. Der Herr der Kirche empfiehlt das so.

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Idar-Oberstein, im Mai 2018

Pfarrer Carsten Heß
mobil: 0171 49 30 494

E-Mail: c.hess@alsbald.com

Internet: www.vitamin-c-online.com

 

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