Von Bischof Wolfgang Huber. – „Am Dienstag flog ich mit einem Airbus 330. Da fuhr mir der Schrecken in die Glieder: Am Tag vorher war ein solches Flugzeug plötzlich von den Radarschirmen verschwunden. Mit ihm auch 228 Menschen, die als Passagiere oder Besatzungsmitglieder an Bord waren. Sie alle wollten von Rio de Janeiro nach Paris. 26 Deutsche werden als Passagiere angegeben. Einer von ihnen war ein Architekt aus Potsdam. Ein anderer kam aus Berlin. Er hatte noch seine Papiere holen wollen, um dann in Brasilien zu heiraten. Ein jähes, ein schreckliches Ende. Der Tod trifft wie ein scharfer Schnitt in… die Mitte des Lebens hinein. Lebensgeschichten und Lebenspläne sind plötzlich abgebrochen. Eltern mit Kindern waren unter den Reisenden, junge Paare und Ältere, Menschen aus verschiedenen Generationen. Alle von der Hoffnung auf Leben erfüllt. Und dann plötzlich verschwunden, aus dem Leben und aus ihren Familien herausgerissen. Das ist unfassbar. Es lässt sich nicht erklären. Nur Ratlosigkeit bleibt.
Jeder von uns ist fassungslos, wenn er eine solche Nachricht hört. Wer einen nahen Angehörigen so verliert, ist in der Tiefe getroffen. Durch unser Zutrauen zur Technik geht ein Riss: Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. An keinem Morgen kann ich wissen, ob ich den Abend erleben werde. Auch wenn die Ursachen des Unglücks aufgeklärt sind, wird ein solcher Tod rätselhaft bleiben. Es bleiben nur Worte der Trauer und der Klage. Wir spüren: Jedes Menschenleben ist kostbar; jeder Mensch ist unersetzlich.
Zu den tiefen Schmerzen, die mit diesem Unglück verbunden sind, gehört es, dass die Hinterbliebenen nicht von den Toten Abschied nehmen können. Denn sie liegen an unbekanntem Ort auf dem Meeresgrund. Gerade in einem solchen Fall spüren wir besonders deutlich: Trauer braucht einen Ort. Doch nicht einmal ein Grab wird es geben. Särge fehlen, in denen die Toten zur letzten Ruhe geleiten werden könnten. Umso mehr brauchen die Hinterbliebenen Nähe, Beistand, Trost aus der Hoffnung auf ein Leben bei Gott.
Ein Absturz in die Tiefe des Meeres. Doch niemand kann tiefer fallen als in Gottes Hand. Darum, dass die Angehörigen diesen Trost annehmen können, bete ich. Es wird Gottesdienste geben, in denen der Vermissten gedacht wird. Vielleicht auch einen gemeinsamen Gedenkstein, der für die Trauernden zum Ort der Klage und der Erinnerung wird. Das Vertrauen des Psalmbeters kann dann den Trauernden zum Trost werden: „Gott, führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.“
Bischof Wolfgang Huber