Theologen: Breivik ist kein „christlicher Fundamentalist“

Der mutmaßliche norwegische Attentäter Anders Behring Breivik ist nach Ansicht deutscher Theologen kein „christlicher Fundamentalist“. So hatte die Polizei den 32-Jährigen unmittelbar nach dem Anschlag vom 22. Juli 2011 auf das Osloer Regierungsviertel und dem Massaker in einem Jugendlager der Jungsozialisten auf der Insel Utöja mit insgesamt mindestens 76 Toten beschrieben. Auch in Medienberichten wurde er so charakterisiert. Inzwischen sind nähere Einzelheiten über seine Person und seine Motive bekannt geworden. Breivik bezeichnete sich zwar selbst als Christ, ist aber Mitglied einer Freimaurerloge und verfolgte laut seines 1.500 Seiten starken Manifests das Ziel einer Revolution gegen die multikulturelle Gesellschaft, den Islam und den Kommunismus. Nach Ansicht des Leiters der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), Pfarrer Reinhard Hempelmann (Berlin), ist die Bezeichnung „christlicher Fundamentalist“ für Breivik irreführend. Damit werde suggeriert…, dass es einen Bezug zu derartigen Strömungen oder Gruppen gebe, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Hempelmann kann in Breiviks „Pamphlet“ auch nichts entdecken, was auf religiösen Fundamentalismus hindeute. Im Unterschied zu dem Norweger berufe sich ein Fundamentalist auf bestimmte heilige Schriften und verstehe diese wortwörtlich. Er wolle ferner ein spezifisches Religionssystem durchsetzen. Doch bei Breivik spiele eine religiöse Überzeugung als Motivation für seine Bluttaten offenbar keine Rolle. Sein Bezug auf Religion sei nur ideologisches Beiwerk.

Theologieprofessor: Bibel rechtfertigt kein Hinmorden

Ähnlich äußerte sich der Professor für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, Hermut Löhr. Breiviks Bluttaten ließen sich nicht mit einem fundamentalistischen Verständnis des christlichen Glaubens begründen. Es gebe keine Texte in der Bibel, die ein solch wahlloses Hinmorden rechtfertigen könnten. Wer seine aggressiven Gewalttaten auf Bibeltexte beziehen wolle, werde der christlichen Botschaft nicht gerecht.

Ev. Nachrichtenagentur idea v. 28.07.2011