Jesus als Kinoheld?

Gottes Sohn kommt auf die Erde und kündigt den Weltuntergang für nächsten Dienstag an. Das ist der Stoff, aus dem der neue Kinofilm von Florian David Fitz mit dem Titel „Jesus liebt mich“ gemacht ist. Doch dann kommt alles anders…

Jesus in einer Komödie – das bietet natürlich Potential für Kontroverse. Wenn man den Film gesehen hat, stellt sich allerdings direkt die Frage: Warum mussten dafür biblische Personen herhalten? Im Grunde ist der Film eine typische „boy meets girl“-Geschichte. Das Gute wird von Gott mit weißem Rauschebart dargestellt und das Böse von Satan, einem ungepflegten, schwarz gekleideten Mann.

Aber alles die Reihe nach: Die Hauptperson Marie, gespielt von Jessica Schwarz, ist Mitte 30 und lässt ihren Verlobten vor dem Traualtar sitzen. Ihr Leben hat keine Struktur, sie hat keine richtigen Ziele. Dann tritt ein Mann in ihr Leben, der ganz anders ist als die Männer, die sie bis dahin kennengelernt hat. Er stellt sich als Jeshua aus Galiläa vor. Er sei auf der Erde, um „die Menschen kennenzulernen“ und sie auf den Weltuntergang vorzubereiten.

Während des Films tut Jesus das, was er auch in der Bibel tut: er heilt Lahme, spendet Trost, mischt sich unter die Menschen, teilt Essen. Dabei mahnt er: „Warum wollt ihr nicht teilen? (…) Der Tag wird kommen, da richtet man nach dem, was in eurem Herzen zu finden ist.“ Als er mit Marie in einem Restaurant sitzt, schaut ein Obdachloser durch die Fensterscheibe. Jesus holt ihn herein, wäscht ihm die Füße und gibt ihm Essen. Würde Jesus heute auf die Erde kommen, könnte man sich durchaus vorstellen, dass er sich so verhält wie ihn diese Szenen zeigen.

„Nur dem Benedikt habe ich nichts gegeben“

Nach und nach entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Jeshua und der Agnostikerin Marie. Als sie realisiert, dass bald die Welt untergehen soll, versucht sie, Gutes zu tun und selbst die Welt zu retten. Sie merkt, dass sie Jeshua aufgrund seiner Barmherzigkeit in ihr Herz geschlossen hat. Allem Anschein nach hat sie sich auch ein wenig in ihn verliebt. Wohl um ihm zu imponieren, berichtet sie ihm: „Mein ganzes Geld habe ich gespendet“, und in Bezug auf den Papst sagt sie: „Nur dem Benedikt habe ich nichts gegeben.“

Die Apokalypse beginnt – mit brennenden, vom Himmel fallenden Feuerbällen. Plötzlich friert die komplett Szene ein, nur Marie kann sich bewegen. Da spricht Gott Marie an und fragt sie, wie er ihr erscheinen soll. Sie wählt die Erscheinungsform eines alten Mannes mit langem, weißem Rauschebart und prompt trifft sie auf ihn.

Neuanfang – mit Liebe und Sühne

Im Zwiegespräch mit Gott bereut Marie, dass sie in ihrem Leben viel falsch gemacht und egoistisch gehandelt hat. Am Ende der Unterhaltung zeigt Gott jedoch Erbarmen und stellt für die Menschheit noch einmal die Weltuntergangs-Uhr zurück, denn Marie gelobt, nicht mehr nur an sich zu denken und sich um ihre Mitmenschen zu kümmern. Der Weltuntergang ist abgewendet. Marie kann dadurch, dass sie Gott und Jesus kennengelernt hat, ihr Leben erneut beginnen. Das tut sie dann auch – mit Liebe.

Der Regisseur, Drehbuchautor und Jesus-Darsteller Fitz sagt über den Film-Jesus: „Ich habe nach einem Konflikt für die Figur gesucht und habe ihn gefunden: den Konflikt, eigentlich ein Mensch zu sein und sich nach Menschlichem zu sehnen, aber notwendigerweise auch eine Ikone, bei der das private Glück keine Rolle spielen darf.“ Gerade die Szenen und Dialoge, in denen Jesus als Mensch agiert, sind meist grenzwertig. Bei der Apokalypse-Szene wünscht er sich beispielsweise, dass Marie sich in ihn verliebt hat. Ein anderes Mal schlägt Jesus Satan mit seinen Fäusten. Als Marie und Jesus im See sind, küssen sie sich leidenschaftlich. Darf man Jesus so darstellen?

Mehrmals besteht die Fallhöhe der Witze darin, dass Jesus in hinlänglich aus der Bibel bekannten Szenen gezeigt wird – übertragen auf die heutige Zeit. Als er und Marie in einem See schwimmen wollen, geht er nicht unter. In einer Essenszene, die offenbar an das letzte gemeinsame Abendmahl erinnern soll, stößt Jesus an. Er berührt allerdings das Glas seines Gegenübers mit seinen Fingern und aus dem Wasser wird Wein. Solche Elemente dürfen anscheinend nicht bei der komödiantischen Annäherung an Bibelinhalte fehlen, wirken allerdings eher einfallslos als witzig.

Der Filmemacher Fitz habe geplant, bei dem Thema Religion nicht ins Respektlose abzudriften: „Klar wirft man auch einen kritischen Blick auf jahrhundertelang eingeübte Bräuche, aber im Kern geht es ja bei der Religion im um ein gutes Miteinander im Kleinen und im Großen. Das ist die Botschaft, die ich gerne übernehme.“

Beachtliches Regiedebüt

David Safiers Roman „Jesus liebt mich“, der 2009 veröffentlicht wurde, diente Fitz als Drehbuch-Vorlage. Der Neuregisseur wurde unter anderem als Schauspieler mit dem Film „Vincent will Meer“ bekannt. Darin spielte er einen jungen Mann mit Tourette-Syndrom. Jetzt führt er erstmals auch Regie und schlägt sich dafür beachtlich. Er inszeniert die Rollencharakter passend, findet ansprechende Perspektiven und Bilder. Die Hauptdarstellerin Schwarz bringt die Figur der leicht durchgeknallten Marie meist überzeugend rüber. Fitz‘ Versuch, Jesus ernsthaft und überzeugend zu spielen, gelingt ihm im Großteil der Szenen. Trotz des Genres der Komödie, handelt seine Figur als Sohn Gottes meist durchdacht. Allerdings ist vielleicht zu bezweifeln, dass er Worte wie „Sch***e“ in den Mund nimmt.

Wären die Rollen im Film nicht Charakteren aus der Bibel nachempfunden, wäre der Inhalt nichts Neues: Eine Frau lässt ihren Verlobten am Traualtar stehen, lernt dann einen anderen tollen Mann kennen. Jeshua und Marie heiraten zwar nicht, er denkt aber immer wieder, sie sei Maria Magdalena – nur die Nase sei anders. Damit will Fitz wohl auf die Frage „War Jesus verheiratet?“ anspielen. Das Drehbuch des Films ist relativ vorhersehbar: Am Ende siegt das Gute über das Böse.

Fitz: „Wir sind Suchende“

Der Regisseur, Drehbuchautor und „Jesus“-Darsteller Fitz stammt aus einem katholischen Elternhaus. Das habe ihm bei den Vorbereitungen für den Film geholfen, sagt er in einem Interview mit „mobil“, dem Magazin der Deutschen Bahn: „Sonst hätte ich mich natürlich mit diesem Thema nicht so auseinandersetzen können. Trotzdem bin ich nicht sonderlich religiös. Für die Menschen, die religiös sind, freue ich mich sehr. Sie müssen sich nicht dauernd diese Sinnfrage stellen.“ Das täte er nämlich ständig. „Wir sind Suchende. Wir sind aus dem Garten Eden vertrieben und haben von dem Baum des Wissens genascht.“

Es ist durchaus verständlich, wenn Gläubige den Film oder einzelne Passagen als blasphemisch empfinden. Der Film „Jesus liebt mich“ ist eine Komödie und kein christlicher Film. Für Menschen, die sich leicht in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen, ist er nicht zu empfehlen. Die Botschaft, mehr auf seine Mitmenschen zu achten, kommt jedoch beim Zuschauer an. Und um das biblische Gesetz „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ zu übermittelt, eignen sich wohl doch biblische Figuren am besten. (cma)