Was der Witz auf der Kanzel verloren hat? Das illustriert ein neues Buch: «Gott hat gut lachen». Es möchte Humor und Kirche als natürliche Partner zusammenbringen. 153 Autoren – vom Erzbischof bis zur Schülerin, vom Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bis zur Zahntechnikerin – erzählen vom humorvollen Leben im christlichen Glauben. Herausgeber ist… Kirchenclown Leo, bürgerlich Steffen Schulz. Er ist von der positiven Wirkung des Humors für die Kirche überzeugt: «Bibel und Witz regen an, über das eigene Verhalten oder die eigene Geisteshaltung nachzudenken», urteilt Schulz und zitiert Papst Johannes XXIII.: «Glaube ist die Heiterkeit, die von Gott kommt.» Humor verbinde auch die Konfessionen und werde zum Synonym für Ökumene, so die Erfahrung des Kirchenclowns aus Halle.
«Humorlosigkeit ist der größte Feind des Reichs Gottes», sagte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, der aus Mainz-Finthen stammende Kardinal Gerhard Ludwig Müller, kürzlich der Wochenzeitung «Die Zeit». Und der katholische Kardinal Karl Lehmann erhielt 2005 gar den närrischen «Orden wider den tierischen Ernst» für Humor und Menschlichkeit im Amt. Er verkünde die frohe Botschaft mit Herzenswärme, nicht mit ideologischem Eifer, hieß es damals.
«Humor und Lachen helfen uns, die Dinge leichter zu nehmen», schreibt Heinrich Bedford-Strohm, bayerischer Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzender, in seinem Beitrag für Schulz‘ Buch. «Und sie ermöglichen uns, mit Abstand auf uns selbst die Dinge etwas unverkrampfter zu sehen». Er ermutigt dazu, nicht immer «päpstlicher als der Papst oder christlicher als Christus» sein zu wollen: «Dann gelingt es uns vielleicht wieder ein wenig mehr, unser Christsein freier und unbeschwerter zu leben».
Eine nicht ganz so hohe Meinung vom Humor hatten christliche Denker früherer Jahrhunderte. Kirchenvater Augustinus etwa hielt es für bezeichnend, dass Neugeborene weinend und nicht lachend aus dem Mutterleib kämen. Hildegard von Bingen meinte, maßloses Lachen bringe den menschlichen Säfte-Haushalt durcheinander. Kirchenvater Johannes Chrysostomos behauptete im vierten Jahrhundert, Jesus habe nie gelacht. Und das mittelalterliche Lachverbot, das in Umberto Ecos Roman «Der Name der Rose» für zahlreiche tote Mönche sorgt, war bis ins 11. Jahrhundert in Klöstern verbindlich.
Noch heute gilt: Zwischen humorvoller Betrachtung und der Verletzung religiöser Gefühle ist der Grat zuweilen schmal. Der Sinn für das Komische trennt in vielen Religionen Liberale von Fundamentalisten.
«Letztendlich hat Humor viel mit Aufklärung zu tun», sagt der Theologieprofessor Hans Martin Dober, der in Tübingen im zuende gehenden Semester die Auftaktvorlesung für eine Ringvorlesung zum Thema gehalten hat. «Humor, Witz und Ironie beginnen im Zeitalter der Aufklärung wichtig zu werden, in dem das Nebeneinander und auch die Kritik der Religionen öffentlich möglich wurden», erklärte Dober in einem Interview. Man könne sich aggressiv von anderen abgrenzen oder aber versuchen, die Abgrenzung aufzufangen in einem gemeinsames Lachen.
Humor hilft dem Menschen, zwischen seinen Idealen der schönen und erhabenen Welt und der oft gar nicht so schönen Wirklichkeit zu vermitteln: Diesen Erklärungsansatz des jüdischen Philosophen Hermann Cohen greift Dober auf. «Humor kann dazu beitragen, dass man Ideale mit menschlichem Maß zu verwirklichen versucht. So verstanden ist Humor ein Zeichen der Menschlichkeit.»
Am besten bringt diese lebensnahe Haltung der sprichwörtliche jüdische Humor zum Ausdruck, der innerhalb einer strengen Welt von über 600 Geboten, die es im Alltag zu umschiffen gilt, folgenden Witz hervorgebracht hat: Ein Jude kommt zum Metzger, zeigt auf einen Schinken und sagt: «Ich hätte gern diesen Fisch dort.» – «Aber das ist doch ein Schinken.» – «Mich interessiert nicht, wie der Fisch heißt.» (epd/ch)