In Dan Browns neuem Roman „Origin“ geht es um den Glauben. Eine Rezension von Fabian Vogt. – Was wäre, wenn man beweisen könnte, dass es Gott zur Erschaffung von Leben nicht braucht? Wären dann nicht alle Religionen ein für alle Mal überflüssig? Das Computergenie Edmond Kirsch jedenfalls glaubt, den endgültigen Beweis gefunden zu haben – und inszeniert diese „Offenbarung“ genüsslich im Guggenheim-Museum im baskischen Bilbao mit einer riesigen Show. Dumm nur, dass er kurz vor der eigentlichen Präsentation seiner Entdeckung vor laufender Kamera erschossen wird…
Ein neuer Fall für Robert Langdon, den ehrenwerten Professor der Symbologie – den sein Erfinder, der Bestsellerautor Dan Brown, im frisch erschienen Roman „Origin“ wieder mal auf eine wilde Schnitzeljagd schickt, diesmal von Bilbao nach Barcelona. Denn im Computer des ermordeten Edmond Kirsch ist die Datei gespeichert, die die religiöse Welt auf den Kopf stellen möchte. Und natürlich gibt es offensichtlich böse Kräfte, die die spektakuläre Enthüllung um jeden Preis verhindern wollen und vor nichts zurückschrecken.
Allein in Deutschland ist „Origin“ mit einer Auflage von 600.000 Exemplaren gestartet und hat erwartungsgemäß direkt die Bestsellerlisten erobert. Kein Wunder: Schließlich geht es dem Autor diesmal um die ganz großen Fragen der Menschheit: Wo kommen wir her? Und wo gehen wir hin? Und von Anfang an ist klar: Hier kommt es zum finalen Duell im uralten Streit zwischen Glaube und Naturwissenschaft. Ein Thema, das Dan Brown ja schon länger beschäftigt – was auch daran liegen mag, dass seine Mutter Organistin und sein Vater Mathematiklehrer war.
Thema Glaube von der ersten bis zur letzten Seite
So jagt Robert Langdon, wie könnte es anders sein, in Begleitung einer höchst attraktiven Frau, die zudem die Verlobte des spanischen Thronfolgers ist, von einer Station zur nächsten und von einem rätselhaften Code zum anderen – verfolgt von dubiosen Killern und irregeleiteten Polizisten. Denn auch wenn Langdon selbst an einen Schöpfer glauben kann (wie er am Ende versöhnlich gesteht), ist ihm die Freiheit der Wissenschaft angesichts so vieler verbohrter und reaktionärer Kirchenleute heilig. Scheint es doch, als stecke hinter dem kaltblütigen Mord und den noch folgenden Attentaten eine erzkonservative Gruppierung, die sich von der katholischen Kirche abgespalten hat, um das reine Evangelium zu bewahren.
„Origin“ dreht sich von der ersten bis zur letzten Seite um Glauben – und das auf ziemlich intelligente Weise: Denn Dan Brown kennt die Abgründe fundamentalistischer Glaubensrichtungen und weiß sehr genau, wogegen er in Gestalt seines Helden Langdon antritt, so dass die vielen Gedankenspiele auch für überzeugte Christen höchst anregend sind. Selbst wenn die am Ende vorgestellte „Sensation“ bei aller akademischen Logik letztlich doch niemanden in seinem Glauben erschüttern wird, zeigt die Beschäftigung mit neusten wissenschaftlichen Theorien, welche Kraft die Frage „Hat Gott die Welt geschaffen?“ auch im 21. Jahrhundert noch hat.
Wer die Vorgängerromane „Illuminati“, „Sakrileg“ oder „Inferno“ gern gelesen hat, für den ist „Origin“ ein echtes Leseerlebnis. Vor allem, weil Dan Brown seine Geschichte diesmal nicht in bisweilen doch etwas konstruierten Rätseln untergehen lässt, sondern Robert Langdon einen wirklich starken Plot gönnt. Was auch daran liegt, dass Kirschs digitaler Assistent Winston dem Professor mit der Micky-Maus-Uhr immer wieder mal freundlich auf die Sprünge hilft.
Origin heißt „Ursprung“ – und jeder, der wissen möchte, was moderne Atheisten denken und warum sie dem Glauben mit aller Wissenschaft doch nichts anhaben können, kann sich in diesem Roman auf sehr unterhaltsame Weise in das Thema einlesen.
I: Dan Brown: Origin. Bastei Lübbe, 668 Seiten, 28 Euro. ISBN: 9783431039993
16.10.2017 – pro
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Bild: Lübbe