Türkei-Abkommen: „Fehlende humanitäre und rechtliche Standards“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat das so genannte Türkei-Abkommen scharf kritisiert. Dem EU-Flüchtlingspakt mangele es an „humanitären und rechtlichen Standards“. Bedford-Strohm… hat starke Bedenken an der Umsetzung des EU-Flüchtlingspakts. „Das Abkommen darf nicht dazu dienen, dass Europa sich abschottet und die Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen an andere abschiebt“, sagte er der Rheinischen Post. Die Versorgung vieler Flüchtlinge in Griechenland sei unangemessen: „Die notwendigen Voraussetzungen, geordnete rechtsstaatliche Verfahren zu gewährleisten, bestehen offensichtlich noch nicht“, findet er.

Die Meldungen von Amnesty International, dass die Türkei in großen Zahlen Flüchtlinge zurück nach Syrien abschiebe, seien sehr ernst zu nehmen. Das wäre inakzeptabel. „Gleichzeitig ist die Zahl der Flüchtlinge, die in Europa Aufnahme finden, extrem gering geworden. Das alles deutet nicht darauf hin, dass die jetzt praktizierte Regelung gegenwärtig den geforderten humanitären und rechtlichen Standards genügt“, zitiert die Rheinische Post.

Kritik am Tauschgeschäft

Brüssel und Ankara hatten vereinbart, für jeden seit dem 20. März illegal eingereisten Flüchtling, der von Griechenland in die Türkei zurückgebracht wird, einen syrischen Flüchtling legal in der EU aufzunehmen. Diese Regelung gilt zunächst für 72.000 syrische Flüchtlinge in der Türkei, erklärt die Süddeutsche Zeitung. Davon sollen etwa 15.000 nach Deutschland kommen. So solle die Flucht über das Meer für die Syrer sinnlos und Schleppern die Geschäftsgrundlage entzogen werden.

Während Regierungssprecher Steffen Seibert die Vereinbarung als wichtigen Tag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise sah, äußern sich Experten deutlich kritischer. Pro Asyl etwa bezweifelt, dass Flüchtlinge Zugang zu Rechtsbeiständen hatten. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach empfindet das Asylpakt als „scheinheilig“. In einer Phoenix-Sendung sagte er: „Das heißt: Wir wollen das Problem nicht vor unserer Tür haben. Aber wenn wir das Problem der Zurückweisung, der Verweigerung der Einreise, weiter von uns entfernt haben, am südöstlichen Rand der Europäischen Union, dann finden wir das plötzlich ein erstrebenswertes politisches Ziel.“

Erforderliche Schutzmaßnahmen garantieren

Seitdem der Pakt in Kraft getreten ist, spitzt sich die Lage zu. Die Lager seien zu regelrechten Gefängnissen geworden, in denen die Flüchtlinge menschenunwürdig behandelt würden. Bereits nach Abschluss des Flüchtlingsdeals hatten sich einige Hilfsorganisationen aus Protest weitgehend aus den Lagern zurückgezogen, meldet die Süddeutsche Zeitung. In der Türkei regt sich vor allem in den Regionen Widerstand, in denen Migranten unterkommen sollen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) appellierte an alle Beteiligten, erforderliche Schutzmaßnahmen für die betroffenen Menschen zu garantieren.