BILD.de-Zwischenruf: Guttenberg weg – eine tiefe Zäsur

Karl-Theodor zu Guttenberg gibt auf. Aus. Es ging nicht mehr. Es ist das bis zur letzten Minute faszinierende Drama vom Aufstieg und Fall eines Polit-Stars. Und es ist eine tiefe Zäsur. Guttenberg hat Fehler gemacht, Schuld auf sich geladen. Was immer ihn bei seiner Doktorarbeit getrieben haben mag – sie hat grob gegen wissenschaftliche Regeln verstoßen und war deshalb nichtig. Worum es seit knapp einer Woche dann aber ging, war das aktuell angemessene, politische „Strafmaß“ für dieses Vergehen aus einer anderen Zeit. Wie viel politischen Zweifel an seiner persönlichen Integrität, an seinem Charakter kann ein Politiker hinnehmen, bevor er untragbar wird? Wie wichtig ist, dagegen gerechnet, ein ganz breiter Rückhalt bei den Wählern aller Parteien? Kurz: Wer hat das letzte Wort? Mit dem Rücktritt ist klar: Die Karriere von Karl-Theodor zu Guttenberg endet nach den traditionellen Regeln der Berliner Politik. Das mag man als normalen, am Ende fast zwangsläufigen Akt der sogenannten „politischen Hygiene“ sehen. Aber zur Tagesordnung übergehen kann trotzdem niemand. Und zufrieden sein schon gar nicht. Mit Guttenberg verliert die gesamte Politik nämlich einen…, der die Menschen eben für diese Politik begeistern konnte.

Sie verliert einen Mann, der wie kaum ein zweiter derzeit den Graben zwischen Bürgern und Politik zu überbrücken vermochte. Der z.B. im Stile eines abgezockten Polit-Profis im Innern des Berliner Betriebes Erfolge wie die Aussetzung der Wehrpflicht erreichte – und gleichzeitig „draußen im Land“ unendlich viel mehr Zustimmung und Vertrauen genoss als die meisten Politiker.

Die Mehrheit der Bürger stellte Guttenbergs Glaubwürdigkeit als Minister bis zuletzt nicht in Frage, ganz gleich, wer sie ihm von Opposition oder aus dem eigenen Lager auch absprach.

Doch am Ende schützte ihn die Zustimmung der Bürger nicht. Denn in Berlin kann nicht sein, was nicht sein darf.

Nun sollen die, die Guttenbergs Rücktritt wollten und bekamen, erklären, ob die Politik in Deutschland ohne diesen Minister unter dem Strich wirklich besser da steht. Sie tut es nicht!

Q: bild.de v. 01.03.2011