Durch seine Parkinson-Erkrankung sei er gezwungen, das Leben zu führen, das er zuvor „vollmundig“ anderen von der Kanzel herab gepredigt habe. Das sagte der evangelische Theologe Jürgen Mette am Freitag (12.4.2013) in der WDR-Talkshow „Kölner Treff“… Jürgen Mette war bis Februar 2013 geschäftsführende Vorsitzender der „Stiftung Marburger Medien“. Er ist Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz und hat er einen Lehrauftrag an einer Evangelischen Hochschule. Beim „Kölner Treff“ mit Moderatorin Bettina Böttinger stellte er sein Buch „Alles außer Mikado: Leben trotz Parkinson“ vor und sprach über das Spannungsfeld zwischen der Krankheit und seinem christlichen Glauben.
Als vor vier Jahren die Diagnose Parkinson gestellt wurde, sei er in eine Depression gefallen, sagte Mette. In dieser Zeit hätten ihm vor allem seine Frau und das Hören der Musik Johann Sebastian Bachs geholfen. „Da kam eine Kraft und Geborgenheit in mein Leben“, so Mette in der Talk-Sendung. Er habe zudem vom dänischen Prediger und Philosophen Sören Kierkegaard gelernt: „Die Angst vor morgen ist eine zutiefst heidnische Lebenshaltung. Der Christ lebt im Heute.“
Auf die Frage, ob die Krankheit ihn in seinem Glauben in Zweifel gestürzt habe, antwortete der Theologe: „Aber kräftig.“ Wenn man ihn frage, wie es ihm gehe, antworte er oft: „Ich kann nicht klagen.“ Doch das sei eine „blödsinnige Antwort“, denn er klage sehr viel. „Die Hälfte aller Psalmen im Alten Testament sind Klagepsalmen.“ Auch Hiob habe den Tag seiner Geburt verflucht, sagte Mette.
Mette erklärte: „Ich bin ausgestiegen aus dem Elfenbeinturm einer sicheren Theologie. Die war unanfechtbar. Und dann merkt man: Du hast sehr vollmundig gepredigt. Ich habe jahrelang auf der Tribüne des Leides gestanden, nicht in der Arena. Dann kommt der Ernstfall des Glaubens. Für mich war klar: Entweder bewältige ich diese Krankheit mit meinem christlichen Glauben, oder ich kann den ganzen Kram hinwerfen.“
Heute sei er überzeugt: „Gesundheit ist nicht alles.“ Er unterscheide zwischen „heil sein“ und „geheilt sein“. Heil sein bedeute, in Frieden mit Gott und den Mitmenschen zu leben. Das sei wichtiger als körperlich gesund zu sein oder einen „spektakulären Heilungserfolg“ zu erleben.
Weitere Gäste der Sendung waren die Schauspielerin Andrea Sawatzki, die in einem Buch namens „Ein allzu braves Mädchen“ verarbeitete, dass sie als achtjähriges Mädchen ihren erst 60-jährigen, an Alzheimer erkrankten Vater pflegen musste. Der Fußballtrainer Peter Neururer berichtete in der Sendung von seinem Herzinfarkt, den er vor fast einem Jahr auf einem Golfplatz erlitt. Zu den weiteren Gästen gehörten die Moderatorin Katja Burkard, die Theaterintendantin Karin Beier und der Kabarettist Dave Davis. (cma)