Das Problem Burn-out hat die Kinder erreicht. Dass der Nachwuchs zunehmend unter Leistungsdruck steht und schon früh unter Optimierungsdruck gerät, beleuchtet ein Artikel in der Welt am Sonntag…
Die Kindheit darf nicht zur Qual werden. Dafür plädiert die Autorin Claudia Becker in ihrem Artikel in der Welt am Sonntag. Sie beleuchtet den durchgetakteten Alltag der Heranwachsenden mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Die Autorin bilanziert: Wir sollen von unseren Kindern nicht mehr verlangen, als sie leisten können.Vom Problem Burn-out seien häufig Kinder betroffen, denen es objektiv an nichts fehle. Becker sieht vor allem die „Ökonomisierung des Lebens“ kritisch. Mit der Schule, dem Musikunterricht und dem Sporttraining sei der Alltag von Kindern und Eltern streng durchgeplant. Der Hamburger Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort bemängelt zudem, dass die Kinder „nie gut genug sind“. Vieles sei dem Leistungsgedanken unterstellt und noch nicht einmal ein Kindergeburtstag dürfe Spaß machen.
Auch die niedrige Geburtenrate sorge dafür, dass die Erwartungen an die wenigen Kinder immer mehr hochgeschraubt würden: „Töchter und Söhne werden zu Investitionsobjekten“, findet Becker. Die häufig disziplinierteren und perfektionistischeren Mädchen litten noch stärker unter dem Leistungsdruck als die Jungs. Schulte-Markwort ist es ein Anliegen, das Kind als das Individuum zu betrachten, das es wirklich ist: mit allen Stärken und Schwächen.
Es frustriere die Kinder, wenn sie ständig wegen ihres Nichtwissens vorgeführt würden. Nicht nur die maximale akademische Ausbildung, sondern auch eine erfolgreiche Handwerker-Ausbildung könnten Lebensglück bedeuten, weiß der Psychiater, der in der dieser Woche sein Buch „Superkids“ über den Erziehungsehrgeiz von Eltern vorlegt. Eltern rät er, sich auf ihr Bauchgefühl zu verlassen, bei dem, was ihren Kindern wirklich gut tut.
Wissen nutzbar machen
Kinder müssten lernen selbständig zu werden, den Umgang mit Stresssituationen zu lernen und auch einmal Grenzen zu überschreiten. CDs für Frühenglisch, Nachhilfe in der Grundschule und sonstige Förderwut hält er für nicht dienlich. Dies setze unter Stress und trage wenig Früchte. Stattdessen sollten die Kinder Spaß am Lernangebot haben und wissen, wie sie ihr Wissen nutzbar machen. Alternativen seien in den vergangenen Jahren für die Eltern die Waldorfschulen und die Montessori-Pädagogik gewesen.
„Eine ruhige Freizeitgestaltung mit immer wiederkehrenden Angeboten ist viel kostbarer als Frühenglisch“, findet die Diplompädagogen Inken Seifert-Karb. Kinder müssten ein verlässliche Beziehung zu ihren Eltern aufbauen und kreative Freiräume nutzen. Für Schulte-Markwort bedeutet dies auch eine Absage an die zu frühe Fremdbetreuung. Die WamS-Autorin Becker rät Eltern dazu, das Tempo zu drosseln, Ruhe bewahren und nutzen, um so auf Probleme ihrer Sprösslinge aufmerksam zu werden.